von Sofie Cramer

 

Eine etwas andere Pilgerwanderung

Die Buchankündigung machte mich neugierig: „Life-Style-Reporterin Valerie steht kurz vor einem Burnout, als sie von ihrer Chefredakteurin auf Recherchereise geschickt wird.  Das Thema: «Pilgern vor der eigenen Haustür – Selbstfindung pur?». Widerwillig wandert die Journalistin durch die Lüneburger Heide. In einer kleinen Pension am Rande des Naturschutzgebietes legt sie nach wenigen Tagen eine Pause ein. Die rüstige Besitzerin Annegret erkennt Valeries grundsätzliche Erschöpfung und bringt ihr mit Hilfe eines Bienenzüchters die Natur näher: Honig schleudern, Brot backen und Fliederbeersaft herstellen.“

Da ich selber gerne wandere und auch pilgere, musste ich die Geschichte lesen, und gleich vorab, mir hat es sehr gut gefallen. Valerie ist eine sehr glaubwürdige und anfangs sehr unwillige Pilgerin, und ich fühlte mich an meine eigenen ersten Mehrtageswanderungen erinnert. Der schwere Rücksack, die zähen, sich ziehenden Kilometer (zu Fuss ist doch irgendwie alles sehr weit…!), das ungewohnte Alleinsein mit sich selbst und seinen Gedanken, das alles erlebt auch Valerie und lässt uns daran teilhaben.

Und doch ist dies keine Geschichte einer langen (Fuss)-Wanderung, sondern die eines Ankommens bei sich selbst, denn Valerie verschlägt es ja nach kurzer Zeit schon ins Haus Annegret, wo sie länger bleibt als gedacht und die Gelegenheit nutzt, ihr bisheriges Leben komplett zu überdenken. Im Büro läufts nämlich alles andere als rund, auch wenn ihr ihr Job prinzipiell gefällt, ihre Ehe ist im Laufe der Jahre immer liebloser geworden, und Tochter Frieda ist kurz vor dem Aufbruch in ein Austauschjahr nach Neuseeland – Valerie hat mehrere Baustellen gleichzeitig, und ist mit keiner glücklich, sodass diese Auszeit, auch wenn sie ihr mehr oder weniger aufgezwungen wurde, das Beste ist, was ihr passieren lonnte. Aus dem alltäglichem Trott heraus gerissen, bieten sich nicht nur neue Blickwinkel und Erkenntnisse, sondern auch neue Menschen treten in ihr Leben und bewirken Veränderungen.

Dieses Buch kommt sehr unaufgeregt daher, greift aber jede Menge zentraler Fragen auf, verpackt in eine sehr lebensnahe und humorvolle Geschichte.

Der Stil ist sehr flüssig, leicht zu lesen, aber gerade hinter dieser Leichtigkeit stecken viele Erkenntnisse, die einen dann doch zum Nachdenken anregen.

Die Protagonisten sind alle echt und lebendig gezeichnet, und Valeries Weg werden wohl sehr viele Leser nachvollziehen können – und vielleicht inspirieren die Honigblütentage ja den einen oder anderen ebenfalls dazu, die Wanderschuhe zu schnüren. Und es muss nicht immer der Jakobsweg sein – schöne Strecken und Erkenntnisse warten auch vor der eigenen Haustür!

Für mich eine klare Leseempfehlung, und eine Neuentdeckung der Autorin!

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