von Elizabeth Gilbert

Neuerscheinung 2020im S. Fischer Verlag

Ich muss gestehen, das Cover gefiel mir irgendwie so gar nicht, der Titel war schräg, aber der Roman stammt aus der Feder von Elizabeth Gilbert, die mich seit ihrem Erstling „Eat Pray Love“ immer wieder begeistert, also hab ich zugeschnappt. Und was soll ich sagen: lasst euch nicht vom Cover abschrecken, das Buch ist brilliant!!!

Hierum geht’s: Die über 90jährige Vivian Morris erzählt ihr Leben der Tochter eines Freundes. Man könnte auch sagen, es handelt sich um eine Art Lebensbeichte, in der Vivian schonungslos Revue passieren lässt. Und Vivians Leben ist spannend: aus wohlhabender Familie stammend, kommt sie 1940 mit 19 Jahren zu Ihrer Tante Peg nach New York. Das Mädchen vom Lande ist fasziniert von der Großstadt. Peg hat ihr Leben dem Theater verschrieben und leitet eine leicht heruntergekommene Kompanie in Manhattan, und Vivian wirft sich mit vollem Schwung hinein. Als begnadete Schneiderin findet sie auch sofort ihren Platz im Theater und ist ab sofort für die Kostüme zuständig.

Die glitzernden Revuegirls, die Gemeinschaft der Theaterleute: Vivian saugt das Leben auf und lebt ihr Leben. Schon immer eher die Rebellin, verliebt sie sich in New York und ihr neues Leben. Und in die Männer, die ihr im Nachtleben der 40er Jahre in Manhattan zu Füssen liegen.

In der ersten Hälfte des Romans begleiten wir Vivian durch ihre ersten New Yorker Jahre, und Gilbert schildert die Stadt, das Theater- und Nachtleben so bildhaft, dass man fast meint, mit in den Clubs zu sein und mit Vivian und ihren Freundinnen um die Häuser zu ziehen.  Irgendwann kommt natürlich der Bruch, eine Männergeschichte entwickelt sich zur Katastrophe, und Vivian flieht am Boden zerstört in einer Nacht- und Nebelaktion zurück nach Hause, wo sie ihre Wunden leckt, aber auch an dem Beinahe-Skandal reift. Als sie wieder zurückkehrt nach New York, um dort endgültig ihr Zuhause zu finden, schafft sie es, ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen, in einer Zeit, in der die meisten Frauen es als höchstes Ziel im Leben ansahen, zu heiraten. Vivian soll nie heiraten, und doch fehlt es ihr an nichts. Sie hat Freundinnen, sie hat ein Geschäft, eine eigene Wohnung und findet ihr Glück in ihr selbst. Klingt sehr modern und bewundernswert, und so habe ich das auch empfunden.

Der Titel des Romans „City of Girls“ bezieht sich übrigens auf eine Theaterproduktion, die Peg’s Kompanie Anfang der 40er Jahre auf die Bühne bringt. „City of Girls“ ist das grosse Projekt, das grosse finanzielle Wagnis, das mit viel Herzblut entsteht, und ein absoluter Erfolg wird. Für mich als Leser war es super spannend, hier die Entstehungsgeschichte eines, ich würde es mal Musikrevue / Musical nennen, mitzuverfolgen. Hollywood lässt grüssen!

Mein Fazit: ich war begeistert. Die Autorin lässt das New York der 40er Jahre und der Nachkriegszeiten aufleben, und Vivian kam mir fast vor wie eine Freundin. Der Roman ist auch erzählt wie ein Bericht an eine Freundin, und es hat Spass gemacht, ihn zu lesen. Alle Protagonisten, alle Nebenfiguren sind durch Vivian zum Leben erweckt worden, und man hatte das Gefühl, hautnah dabei zu sein. Das E-Book hatte 420 Seiten, flüssig geschrieben, die sich weg lesen wie geschnitten Brot. Und Vivian….tolle Frau, die ihre sexuelle Befreiung in den 40er schon durchlaufen hat, für die Homosexualität nicht fremd ist (Tante Peg lebt, obwohl verheiratet, mit einer Frau zusammen), und die sich nicht an äusseren Maßstäben misst.

Volle Punktzahl!

Und herzlichen Dank an @Netgalley.de für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

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