von Sejal Badani
Die New Yorkerin Jaya ist verzweifelt. Nach der dritten Fehlgeburt verliert sie den Boden unter den Füssen, und an der Trauer droht auch die Ehe mit ihrem Jugendfreund Patrick zu zerbrechen. Nach einem Besuch bei ihren Eltern wird Jaya klar, dass sie ihre eigenen Wurzeln erst einmal finden muss, sich selbst erst einmal finden muss, bevor sie daran gehen kann, ihre Zukunft zu sortieren. Und so fliegt sie zum ersten Mal in ihrem Leben nach Indien und sucht das Elternhaus ihrer Mutter auf, die als junge Frau Indien für immer den Rücken gekehrt hat.
In Indien wird sie von Ravi, dem alten Diener und Vertrautem ihrer Grossmutter empfangen, und ganz langsam entfalten sich vor Jaya alte Familiengeschehnisse und -geheimnisse, und sie lernt nicht nur das Land kennen und lieben, sondern kommt auch in ihrer Familie und ihren Wurzeln an.
Über zauberhafte Erzählungen, die ihre phantasievolle Grossmutter Amisha einst ersann und aufschrieb, entfalten sich das koloniale Indien und die Sorgen, Nöte und Freuden Amishas; und die zweite Erzählerin in diesem Roman ist Jaya selbst, die die Eindrücke ihrer Reise ganz modern auf einem Blog verarbeitet und feststellt, wie heilsam das Schreiben sein kann.
Der Roman wird auf zwei zeitlichen Ebene erzählt: zum einen folgen wir Jaya im Jetzt, und dann natürlich Amisha, die kurz vor der indischen Unabhängigkeit ein für damalige Verhältnisse traditionelles Frauen-Dasein führt, allerdings ganz untraditionell von Freiheit, Liebe, Wissen und persönlicher Unabhängigkeit träumt, und die zwischen diesen beiden Polen hin- und hergerissen wird….besonders als ein britischer Leutnant in ihr Leben tritt und ganz unerwartet ihr Herz in Aufruhr versetzt.
Beide Erzählstränge werden wunderbar zusammen verwoben, und man fiebert mit beiden Heldinnen mit.
Am Ende steht natürlich eine Katharsis, aber doch ganz anders, als ich zwischendurch dachte, sprich, der Spannungsbogen ist bis zum Ende hoch.
Die Autorin schafft es ganz wunderbar, Indien in seiner Exotik und Vielfalt, in allen Gegensätzen, zum Leben zu erwecken, sowohl die Orte als auch die Personen sind facettenreich und lebendig geschildert. Der Stil ist flüssig, und ich habe die ca. 500 Seiten an einem Wochenende verschlungen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich werde es definitiv weiter empfehlen!