von Doris Röckle
erschienen Feb. 2023 im emons-Verlag
Gestern frisch erschienen, und da ich das Buch freundlicherweise vom Verlag und Netgalley.de als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen habe, kann ich es heute schon besprechen.
Wir sind in Konstanz im Jahre 1327. Hanna, die ich schon im Vorgängerband „Die Wehmutter vom Bodensee“ kennengelernt habe, ist mittlerweile offiziell in der Ausbildung zur Hebamme und kurz vor ihrer Prüfung zur Konstanzer Stadtwehmutter. Ihren Verlobten Ursus will sie im Anschluss heiraten. Ihre Freundinnen, die Begine und ehemalige Prostituierte Alma und die Müllersfrau Leni sieht sie regelmäßig. Wer also den Teil davor kennt, merkt, die „alten Gesichter“ sind alle wieder mit dabei, und sowas finde ich ja immer sehr schön 😊. Man kann dieses Buch allerdings auch wunderbar ohne jegliche Vorkenntnisse lesen, die Story ist in sich abgeschlossen und es wird auch nur sehr wenig Bezug auf Vergangenes genommen.
Selbstredend ist das Verbrechen nicht weit, wo Hanna sich aufhält, und so stolpert sie erneut in dunkle Machenschaften: Im Hause des Tuchhändlers Eberlin betreut sie die hochschwangere Tuchhändlersgattin Martha, und die berichtet vom merkwürdigen Verhalten ihres Mannes, der seit einiger Zeit nicht er selbst zu sein scheint. Dessen Betragen ist in der Tat sehr dubios, und schon bald fragt sich Hanna, ob Eberlin in Zusammenhang mit einer Mordserie steht, die Konstanz gerade erschüttert. Alma und Leni unterstützen sie natürlich bei ihren Gedanken…und Taten, die dann folgen…..und wir folgen der angehenden Stadtwehmutter erneut durch das mittelalterliche Konstanz und ihren Ermittlungen.
370 Seiten und 29 Kapitel fasst die Printausgabe, und ich war bestens unterhalten! Die Autorin schreibt flüssig und bildhaft, und man merkt, wie detailgenau dieses Buch recherchiert sein muss. Das mittelalterliche Konstanz ist vor meinem inneren Auge auferstanden, das mittelalterliche Leben wurde perfekt portraitiert. Das Zunftwesen, der Alltag der Bürger, das Leben in einer mittelalterlichen aufstrebenden Stadt – all das wurde en passant wunderbar in die Geschichte eingewoben. Natürlich ist die Hebamme die Hauptperson, und kurz vor ihrer Abschlussprüfung geht ihrer Lehrmutter mit ihr das Wissen noch mal durch – und dabei fallen häppchenweise auch ein paar interessante Infos für den Leser mit ab.
Spannend fand ich auch, wie auf die Stellungen der Frauen eingegangen wurde. Frauen hatten zu diesen Zeiten offiziell keinerlei Rechte, sie waren ihrem Ehemann komplett unterstellt, und trotzdem: als Stadtwehmutter wird Hanna demnächst sozusagen angestellt sein bei der Stadt, ein jährliches Gehalt und ein Häuschen beziehen. Fand ich interessant, wusste ich nicht. Und verwitwete Damen konnten durchaus das Geschäft ihres verstorbenen Gatten führen – zwar brauchten sie einen männlichen Gesellen an ihrer Seite, aber Eigenständigkeit war durchaus gegeben.
Aber zurück zur Story: es war spannend, der Fall war richtig fesselnd, mich hat der Roman abgeholt. Coole weibliche Protagonistinnen, die sich in einer Zeit, die es ihnen nicht leicht gemacht hat, durchsetzen und ihren Weg gehen.
Ah, und bevor ich es vergesse: beim Lesen bitte den Prolog nicht vergessen 😊 – ich habe tatsächlich eine Weile gebraucht, um ihn zeitlich richtig einzusortieren, und am Ende noch einmal gelesen – anscheinend bin ich kriminaltechnisch doch nicht so versiert, wie ich dachte 😊. Aber egal, Hanna hat auch eine Weile für die Auflösung gebraucht!
Grosse Leseempfehlung!!