von Jean Remy
Neuerscheinung 2021 im Wunderlichverlag / Rowohltverlagsgruppe
Bei diesem Buch muss ich als erstes auf die Optik eingehen – und das mache ich sonst so gut wie nie, aber hier habe ich das Buch ausgepackt, und war überrascht und angetan: qualitativ echt gutes Hardcover, schönes Lesebändchen, und die letzte Seite beeinhaltet eine Karte des fiktiven Örtchens Fleury, und diese Seite ist als Art Schutzpapier umgeklappt und bildet einen Umschlag für das Buch, eine Art Buchschnitt also. Ihr wisst was ich meine? Ich fand das auf jeden Fall mal originell.
Hierum geht es: Wir sind in Fleury, einem idyllischen kleinen französischen Örtchen, dass sich seit einer Celebrity-Hochzeit zum Mekka aller Heiratswütigen gemausert hat. Die Engländerin Emily hat von Ihrer Tante ein etwas herunter gekommenes Manoir geerbt, dass sie gemeinsam mit ihrer Freundin Isabelle renovieren will, um ein Hotel für frisch verheiratete Paare zu zaubern. Doch dann tritt auch Jean-Luc auf die Bühne, Spross des lokalen Adels, der dieselben Pläne hat, und der Emilys Herz zum schlagen bringt. Kompliziert wird es, als Jean-Lucs Familie die Erbschaft anfechten will, und Emilys Lebenspläne in Gefahr bringen…
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Die einzelnen, teils relativ kurzen Kapitel haben alle keine normale Überschrift, sondern fassen das folgende Kapitel kurz inhaltlich zusammen. Das liest sich dann beispielsweise beim ersten Kapitel so: „1. Emily Bennett besucht die kleine Stadt im Périgord, aber nicht, um Urlaub zu machen“. Fand ich irgendwie charmant, und auch mal was anderes. Und nimmt keineswegs die Spannung auf das, was noch kommt, sondern ist irgendwie eine nette Vorschau.
440 Seiten ist das Buch stark, und ich gestehe, ich habe einen Moment gebraucht, um hier reinzukommen. Und ich hab mich gefragt, wieso, weil die Story gut ist und die Charaktere echt sind. Und Fleury – hey, da wäre ich jetzt auch gerne 😊. Aber der Autor lässt sich Zeit: die Geschichte entfaltet sich langsam. Und auch der Erzählstil ist entspannt und ruhig. Die Wortwahl elegant, trotzdem flüssig. Das liebe ich eigentlich sehr, wenn jemand sich gut ausdrücken kann. Also, kurz mal eine kleine Innenschau betrieben : hier liegen meine Startschwierigkeiten bei mir und nicht beim Buch oder dem Autor. Ich habe im letzten Corona-Ausnahmejahr nämlich eine Aufmerksamkeitsspanne wie ein Kleinkind entwickelt, und mein Kopf ist oft voll, voller, noch voller. Ich lenke mich gerne vom anstrengendem Alltag mit Büchern ab, und das geht mit Action und page-turnern gut. Und jetzt kommt dieser Roman, der sich aufbaut wie ein langsamer, träger Sommerferientag, und ich muss mich tatsächlich erst wieder an derlei literarische Reisen gewöhnen. Denn langweilig ist es in Fleury nicht .
So, was wollte ich jetzt sagen? Das Buch ist gut. Zum runterkommen und genießen. Nicht zum schnellen Konsumieren. Und ich muss mich selbst mal wieder hinterfragen, was diese surrealen Zeiten eigentlich aus mir so machen. Das ist nämlich nicht gut. Und eigentlich wollte ich diese Gedanken nur mal festhalten.
Wer sich also einlassen möchte auf einen etwas anderen Roman, wer Zeit mitbringt und die Einwohner in Fleury kennenlernen möchte, der ist hier richtig. Es geht um Liebe, Freundschaft, Gemeinschaft. Um traditionelle Werte, die nie ausser Mode kommen. Mir hat es sehr gut gefallen!
Vielen Dank an den Rowohltverlag für das schöne Rezensionsexemplar!