von Frederico Axat
erschienen bei btb Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition (11. Januar 2024)
Also, hier hat mich der Klappentext gecatched. Einsame Wälder in New Hampshire, und ein junger Mann wacht in seinem Wohnzimmer auf, eine leere Wodkaflasche neben sich …. und eine tote Frau direkt daneben. Er hat sie noch nie zuvor gesehen, totaler Blackout, und Panik kommt auf….
Ja, ziemlich ungute Situation, und ich war gespannt. Das Buch fängt auch genau mit dieser Stelle an, also ein fulminanter Einstieg, und ich war gleich mit dabei, als John erstmal ein wenig kopflos das Haus verlässt, die Wodkaflasche im nächsten See versenkt, und sich noch nicht ganz klar darüber ist, was er jetzt als nächstes machen soll. Die Entscheidung wird ihm mehr oder weniger aus der Hand genommen, als sein älterer Bruder ihn anruft, sofort vorbeikommt, und ihm die Polizei wieder ausredet – vor allem, weil bei der Rückkehr ins Haus die Leiche und jegliche Blutspuren verschwunden sind….. John ist Alkoholiker, eigentlich gerade trocken, aber wem will er was erzählen?
Spannend wird es, als John entdeckt, dass er von dubiosen Gestalten beobachtet und verfolgt wird – irgendwann stellt sich die Frage, ob er sich die Sachen nur einbildet, oder in einer perfiden Falle sitzt. Vor allem, als er feststellt, dass die tote Frau nicht nur in seinen Träumen erscheint.
Geschrieben ist der Roman aus Johns Ich-Perspektive, wir sind also emotional immer ganz nah an allem dran.
Ohne jetzt zu viel zu verraten, mich hat ein großer Teil des Romans echt gefesselt. Es handelt sich hier nur um ein paar Tage, die teils sehr minutiös geschildert werden, und wir haben auch immer wieder Rückblicke in Johns Leben. Und das ist auch echt eine tragische Geschichte; die Mutter verstarb früh an einer unheilbaren Krankheit, und der Vater beging kurz darauf Selbstmord – also echt keine schöne Sache, und das hat John und seinen älteren Bruder Mark natürlich nachhaltig geprägt. Mark hat den jüngeren John immer behütet und war sein Fels in der Brandung; doch irgendwie scheinen Mark auch dunkle Geheimnisse zu umgeben….
Was mich jetzt nicht so super gefesselt hat, war am Ende die Auflösung des Ganzen, da fand ich einiges sehr konstruiert und ein bissel unglaubwürdig. Um das ein wenig zu erläutern, komm ich ums Spoilern nicht herum, also mache ich das nur auf meinem Blog, und verzichte bei den anderen Rezensionspostings darauf und sage nur mal abschließend: das war stückweise ein sehr rasanter Psychothriller, richtig gut geschrieben, hat mich dann aber zum Ende etwas verloren. Was bei 424 Seiten nicht so schlimm ist, aber trotzdem schade. Egal, es war atmosphärisch dicht und irgendwie anders, und ich verteile 4 von 5 Sternen.
Herzlichen Dank an den btb Verlag und das Bloggerportal vom Randomhouse für das Rezensionsexemplar!
Und jetzt hier auf dem Blog mal Spoiler-Alert: Die Familiengeschichte war für mich zu skurril. Ich war noch völlig emotional gebannt dabei, wenn in Rückblenden das Leiden der Mama der beiden Jungs erzählt wurde. Die Frau hatte Muskelschwäche – ELS – und war am Ende Gefangene ihres Körpers. Irgendwann hat sich ihr Mann erbarmt und sie mit einem Kissen erstickt – klar, darauf steht Gefängnis, und ein paar Tage später hat er sich in seiner Zelle erschossen. Das Gewehr hat sein Freund, der Cop, eingeschmuggelt. Is klar, ne. Und dann stellt sich ganz am Ende raus, das Ganze war eine gefakte Show, und der Vater hat die letzten 10 Jahre in den Bergen gewohnt und seine besten Freunde plus der ältere Sohn haben das Geheimnis gewahrt. What the fuck. Und John wurde maximal verarscht, aber macht sich nichts draus, denn er freut sich, den Vater wieder zu haben. Mann. Wer soll das denn glauben? So was kann nur ein Mann schreiben. Ewiglich vorher sich auslassen, dass John die Eltern gefehlt haben, und man sich ja so geliebt hat, aber dann lässt der Vater den jüngeren Sohn im Glauben, er sei tot. Und wohnt nur ein paar km weiter weg in der Wildnis. Ich habe mich ja echt aufgeregt. Fast jede Mutter hätte ihre Kinder nicht so behandelt. Und am Ende ist alles in Butter. Also, man merkt, der Autor hat mich hier verloren.
Im ganzen Roman hat John immer wieder betont, wie sehr er seinem Bruder und auch den alten Freunden seines Vaters vertraut, und dann stellt sich raus, die haben ihn 10 Jahre lang belogen. Sowas macht doch was mit einem Menschen, vor allem einem Suchtkranken, würde ich meinen, aber bei John ist das anders – alles ist supi. Nun gut. Ich könnte da noch trefflich drüber mich auslassen, aber lasse es gut sein – der Krimi insgesamt ist lesenswert, und vielleicht sehen andere das anders 😊.