von Notker Wolf und Corinna Mühlstedt
erschienen im Bonifatius Verlag; 1. Edition (9. Oktober 2024)
Klappentext: „Da müsste man mal hin … und selbst, wenn man schon einige Male da war, gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Notker Wolf und Corinna Mühlstedt nehmen uns mit auf eine spirituelle Reise nach Rom und zeigen uns spektakuläre und nicht auf den ersten Blick zu findende Orte mit reicher Geschichte und erzählenswerten Geschichten. Ob reich bebildertes Monument oder verborgenes Detail, die evangelische Journalistin und der katholische Abt ergänzen sich dabei, weisen auf Hintergründe und Zusammenhänge hin, und fügen der reichen Liste römischer Sehenswürdigkeiten weitere wissenswerte Facetten hinzu. Spirituelle Impulse und ausdrucksstarke Bilder machen diesen ungewöhnlichen Reiseführer zu einer runden Sache und inspirieren dazu, wirklich mal (wieder) hinzureisen. Entdecken Sie unter anderem: antike unterirdische Gänge mit Bildsymbolen, das Kloster Tre Fontane vor den Toren Roms, den „Waldensertempel“ an der Piazza Cavour, eine prachtvolle Moschee als Ausdruck des muslimisch-christlichen Dialogs, die große römische Synagoge vis a vis der Tiberinsel und ein kleines Kloster der von Mutter Teresa gegründeten „Missionarinnen der Nächstenliebe“.“
Den Bonifatiusverlag habe ich als christlichen Klein- / Independentverlag in Erinnerung, mit teils erstaunlichen Buchschätzen, also war ich neugierig auf dieses neue Büchlein (192 Seiten kurz) über Rom, eine Stadt, die ich liebe, aber leider viel zu selten besuche. Also, ich wollte diesen Reiseführer lesen!
Und nun gleich vorweg, auf seine eigene Art und Weise ist dies durchaus ein Reiseführer, aber der Titel ist Programm, die beiden Autoren führen den Leser durch spirituelle Streifzüge, auf teils ganz unbekannten Wegen, durch die ewige Stadt. Also Achtung, dies hier ist „special interest“, aber durchaus im positiven Sinne. Das Buch ist gegliedert in 12 dieser Streifzüge, die jeweils einem Motto unterstehen, und ich greif jetzt als Beispiel einfach mal das 8. Kapitel raus, welches heißt: „Not sehen“. Hier geht es um Armut und Konsum, und historisch beginnen wir mit den Waldensern, einer, hm, kann man das so sagen, Armutsbewegung, die von Petrus Waldes im 12. Jahrhundert gegründete Bewegung, die von Südfrankreich aus ging. Die Waldenser werden erst mal generell vorgestellt, und da es hier um Rom geht, wird auch schnell der Bezug zu Rom hergestellt und der Tempio Valdese in Nähe der Piazza Cavour erwähnt. Von den Waldensern kann man recht leicht den Bogen zu Franziskus von Assisi schlagen, der ja auch die Besitzlosigkeit predigte, was die Autoren dann auch tun, und so wandeln wir auf diesem spirituellen Streifzug weiter mit Franz zu San Francesco a Ripa mit dem angrenzendem Franziskanerkonvent , erfahren nebenbei so einiges aus dem Leben des Heiligen, und enden in Trastevere in Sant’Egidio. Also wir hangeln uns an einem ethischen Topic entlang und pilgern dabei auf den Spuren dazu passender Persönlichkeiten oder Bauwerken. Zwischendurch kommen gerne auch mal Gedichte und/oder persönliche Bekenntnisse der beiden Autoren, was dieses Büchlein dann auch teils zu einem sehr persönlichem Tagebuch macht.
Die einzelnen Streifzüge lassen sich sehr flüssig lesen, es wird immer auch ein Bezug zum aktuellen Leben im Rom des hier und heute hergestellt.
Jeder der Streifzüge ist reich bebildert und zeigt oft auch mal Dinge, die man so wahrscheinlich in den Standardreiseführern nicht sehen wird. Das „Alexamenos Graffiti“ (S. 49) auf dem Palatin war mir z. Bsp. unbekannt, aber das würde ich echt gerne mal live sehen. Das ist eine erhaltene Wand-Kritzelei von jemanden namens Alexamenus, der eine Kreuzigung in Stein gekritzelt hat und verspottet hat. Fand man in frühchristlichen Zeiten in gewissen Kreisen wohl witzig, und das Teil ist erhalten geblieben bis heute. Karikatur mal anders.
Also ja, der ganze Guide ist „mal anders“, und prinzipiell für spirituell Suchende, Pilger, Wallfahrer, oder einfach Interessierte gedacht, die auf ihrem nächsten Rom-Aufenthalt mal in nicht ganz so ausgetretene Pfade wollen. Oder zumindest auf ausgetretenen Pfaden sich noch mal einen spirituellen Input abholen möchten. Der Input ist natürlich jederzeit christlich-spirituell, hier läuft man durch Kirchen und auf biblischen Pfaden (aber andererseits, tut man das in Rom nicht immer?). Ich will nur sagen, wer kein Christ ist oder kulturhistorisch Interesse an der christlichen Kirche, oder zumindest deren Kunst, hat, wird mit diesem Buch nicht glücklich.
Kultur- und Kunsthistorisch ist dieses Buch aber sehr sehr gut recherchiert und von Kennern geschrieben. Notker Wolf, der dieses Jahr verstorben ist, war lange Jahre Abt im Römer Benediktinerkloster, und Dr. Corinna Mühlstedt ist evangelische Theologin, die als Journalistin und Korrespondentin mit den Themenschwerpunkt Kirche arbeitet – also beides Kenner ihrer Materie.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich werde es bei meinem nächsten Rom-Urlaub mitnehmen und mir ein paar Dinge rauspicken, die ich mir mal „live“ ansehen werde. Vielleicht auch mal einen ganzen Streifzug nachpilgern? Mal sehen! Ich könnte mir auch vorstellen, dass Pilgerführer hier eine Menge Input finden für ihre nächste Tour. Ich bin selbst schon gepilgert, mal alleine, mal in geführten Gruppen, tatsächlich auch schon mal auf den Wegen von Franziskus nach Rom, und dieses Buch wäre eine gute Begleitung!
Herzlichen Dank an die Agentur Buchcontact und den Verlag für dieses Rezensionsexemplar!