von Rónán Hession
erschienen 2023 zuerst bei Woywod & Meurer; 1. Edition (20. März 2023), meine Ausgabe ist die Lizenzausgabe der Büchergilde Gutenberg, Herbst 2023
Ich bekomme ja alle 3 Monate eine Bücher-Abobox der Büchergilde, und „Leonard und Paul“ war jetzt in der aktuellen Box das Überaschungsbuch. Es ist das Debut von Rónán Hession, einem irischen Schriftsteller und Musiker, von dem ich – sorry – noch etwas gehört habe. Als Musiker soll er recht erfolgreich sein, und jetzt hat er diesen Überraschungsbuch-Hit geschrieben, und ich vermute, man wird noch so einiges von ihm hören 😊 – das Buch war nämlich wirklich schön. Schön wirklich im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Roman, bei dem man sich einfach wohlfühlt. Ein Roman, der das alltägliche Leben feiert, denn das ist genau das Leben, das wir ja führen, und dass wir zu schätzen wissen sollten. All die schönen Dinge, Gesten und Begebenheiten, die das alltägliche Leben umgeben und uns erfreuen sollten. Der Guardian wird auf der Buchrückseite zitiert mit „Eine bezaubernde, warmherzige Würdigung all jener Dinge, die das alltägliche Leben so wertvoll machen“, und das finde ich wunderbar zusammengefasst.
Also, hierum geht’s: wir sind in einer irischen Kleinstadt, und Leonard und Paul sind seit jeher beste Freunde. Sie sind eher von der introvertierten Sorte, ruhiger und bescheiden, und führen ziemlich unspektakuläre Leben. Leonard hat sein Leben lang mit seiner Mutter zusammengewohnt, ohne aber ein „Muttersöhnchen“ zu sein, und als seine Mutter stirbt, erbt er das Haus und muss sich ins alleine-Leben einfinden. Er ist erfolgreicher Autor von Kinderlexika, aber da sein Name auf den Covern nicht erwähnt wird, steht er nicht im Rampenlicht.
Sein Freund Paul lebt noch mit beiden Eltern zusammen – aber auch das ist nicht „nerdy“ (warum sollte es das eigentlich auch sein? Ist irgendwie ein Vorurteil, das auch in meinem Kopf rumspukte. Hm. ), sondern er ist einfach Teil einer gut funktionierenden sich liebenden Familie, und warum sollte er ausziehen? Vor allem, wenn er aktuell nur einen Aushilfsjob bei der Post hat.
Auf jeden Fall, in dieses recht hervorsehbare, aber trotzdem nicht langweilige Leben der beiden, treten nun ein paar Ereignisse ein, an denen die beiden wachsen werden und ihr beider Leben wird einiges an Veränderungen erfahren. Paul gewinnt einen gutdotierten Preis beim Wettbewerb der lokalen Handelskammer, und Leonard trifft eine Frau, in die er sich verlieben könnte – und wir Leser begleiten die beiden dabei, wie sich ihr Leben auf den Kopf stellt.
Und das ist einfach schön gemacht. Ich merke, ich wiederhole das Wort „schön“, aber darauf komme ich auch immer wieder zurück. Die beiden haben mein Herz berührt, und ich habe eine ganze Menge Lebensweisheiten mitbekommen. Ich muss jetzt kurz spoilern, im letzten Drittel gab es eine so tolle Unterhaltung zwischen Paul und seiner älteren, schön längst aus dem Haus gezogenen Schwester Grace, die ich total spannend fand. Grace ist ja der Ansicht, dass ihr Bruder endlich mal erwachsen werden muss, denn sie kriegt Panik bei dem Gedanken, dass die Eltern irgendwann mal alt werden, und dann alles an ihr hängen bleiben wird, weil der kleine Paul ja sein eigenes Leben noch nichtmals auf die Kette bekommt. Und Paul liest ihr dann mal die Leviten: wieso sich Grace eigentlich einbildet, dass alle Last der Welt auf ihren Schultern liegt? Warum immer alles nach ihrer Nase gehen soll, und warum sie das Glücklichsein immer auf morgen vertagt? Paul macht ihr klar, dass hier sein Zuhause ist, und er seine Familie liebt. Familie ist nämlich keine Geschäftsbeziehung – man verbringt seine Zeit miteinander. Zitat Paul: „Lass uns einfach glücklich sein. Solange wir noch Zeit haben.“ Coole Gedankengänge, und „food for thought“.
Der Schreibstil hat mit auch sehr gut gefallen, irgendwie sehr unaufgeregt, auktoriale Erzählperspektive, und feinfühlig. Flüssig geschrieben, und auch wenn es kein Actionthriller war, so konnte ich das Buch dennoch kaum aus der Hand legen, ich war so mittendrin und mochte die Protagonisten so sehr, ich habe das Buch an einem Wochenende durchgelesen.
Was natürlich auch noch zu erwähnen ist: die Lizenzausgaben bei der Büchergilde sind optisch immer toll. Immer gebundene Ausgaben, mit Leinen, mit Lesebändchen, hochwertigen Papier – hier stimmt immer alles. Kostet natürlich etwas mehr, aber sind halt einfach schöne Bücher. Ich mag das.
Ich empfehle es sehr gerne weiter!