von Stephanie Drey
erschienen 2021 bei Berkley, einem Randomhouse-Imprint
Das Buch ist gerade erst neu auf Englisch erschienen, eine deutsche Ausgabe ist also noch nicht in Sicht, ich rezensiere aber trotzdem auf deutsch – wie immer in der Hoffnung, vielleicht jemanden zu inspirieren, mal einen Roman in der Originalsprache zu lesen. Und bei diesem hier lohnt es sich wirklich!
Der Klappentext verrät: „ An epic saga from New York Times Bestselling author Stephanie Drey, based on the extraordinary true story of a castle in the heart of France and the remarkable women bound by its legacy.“ Tatsächlich gibt es die Schauplätze des Romans „in echt“, und einen Teil der Protagonisten sowie einige Begebenheiten gab es ebenfalls im realen Leben, verwoben ist das Ganze natürlich mit einen Schwung Fiktion. Fact meets fiction, und herausgekommen ist ein wunderbares fesselndes Werk, eine Saga, die sich über mehrere Jahrhunderte spannt. Der verbindende Punkt ist das Chateau Lafayette in der Auvergne. Mir sagte der Name Lafayette übrigens nichts, Asche auf mein Haupt, aber ich habe eine gehörige Lektion in Geschichte nachgeholt: Gilbert Lafayette war ein verwaister Landadliger, der in die gräfliche Familie de Noailles einheiratet, dadurch Aufstieg am Versailler Hof des letzten Sonnenkönigs machte, aber vom Charakter her ein Querkopf war, ein freiheitsliebender Rebell, der entgegen der Weisungen des Hofes nach Amerika flüchtete und dort eine entscheidende Rolle im Unabhängigkeitskrieg spielte. Lafayette gilt in den USA als einer der Väter der Unabhängigkeitserklärung, und ein paar Jahre später kam unter anderen durch ihn auch die französische Revolution ins Rollen. Hinter jedem erfolgreichem Mann, so heisst es, steht eine starke Frau, und in diesem Falle eine wirklich starke Dame: Adrienne Lafayette, die man auch die Mutter von zwei Nationen – der französischen und der amerikanischen – nannte, und die die revolutionären Ideen ihres Gatten teilte. Ganz nebenbei sollen sich die beiden auch trotz (Zwangs)verheiratung in jungen Jahren ein Leben lang inniglich zugetan gewesen sein – wunderschöne lovestory also auch am Rande 😊.
Der erste Erzählstrang ist aus der Sicht von Adrienne geschrieben, erzählt ihr Leben an der Seite Lafayettes, ihr Leben, das geprägt ist von zwei grossen Revolutionen, von Liebe, Hass, Krieg und Frieden, Glück und rabenschwarzen Zeiten. Ein spannendes Leben, eines, das Geschichte geschrieben hat.
Der zweite Erzählstrang ist aus der Sicht von Beatrice Chanler geschrieben, und wir sind im ersten Weltkrieg. Auch Beatrice gab es wirklich: in armen Verhältnissen geboren erreicht Beatrice als Frau von Wille Astor Chanler Status und Ansehen und kommt in die höchsten New Yorker Society Kreise. Aber Bea ist nicht nur Charitylady, sondern eine extrem intelligente Frau mit Biss, und sie sieht sich in der Nachfolge Lafayettes, vor allem, als sie das Chateau in der Auvergne erwirbt, und als Waisenhaus, bzw Kindererholungsheim für die jüngsten Opfer des Krieges ausbaut……und dieses Vermächtnis dann im dritten Erzählstrang von Marthe Simone übernommen wird. Marthe, eines der ersten Waisenkinder, die im Chateau Lafayette aufgewachsen ist, arbeitet auch als Erwachsene im Schloss. Sie ist Lehrerin und Künstlerin, und sieht sich im zweiten Weltkrieg nicht nur der Herausforderung gegenüber, das Schloss unter der Nazi Besetzung zu verteidigen, sondern auch herauszufinden, wer sie wirklich ist. (Nebenbemerkung: Marthe ist komplett fiktiv, das fügte sich aber so gut rein in die Storyline, ich habe sie genau wie Adrienne und Beatrice komplett „gesehen“.)
Drei aussergewöhnliche Frauen in drei aussergewöhnlichen Zeiten. Jede erzählt ihr Leben, jede sucht nach ihrem Glück, aber das persönliche Glück ist nicht immer zu trennen von den politischen Umständen. Die einen zwingen, sich zu entscheiden, wer man ist und für was man steht – und wie weit man für sein Glück und seine Überzeugungen zu gehen bereit ist.
Ich fand jede Geschichte für sich superspannend, und da die drei Damen immer abwechselnd zu Worte kamen, war es auch spannend, wie sich peu a peu die Erzählstränge miteinander verflochten haben. Mein Fazit: Ganz grosses Kino! Ganz grosse Gefühle, ganz grosse Zeiten. Knappe 550 Seiten lang war ich extrem gut unterhalten. Man fliegt teils durch die Seiten, auch wenn es sich hierbei nicht um meine Muttersprache gehandelt hat. Ich fand es trotzdem flüssig zu lesen, der Stil ist sehr angenehm.
Das ist ein Buch, bei dessen Bewertung ich mich fast überschlage, ich fand es einfach brilliant. Hat meinen Geschmack voll getroffen: extrem gut recherchierte Historie, starke Frauen, faszinierende Schicksale. Bitte lesen!!