Herausgegeben von Alice Schwarzer und Chantal Louis
erschienen 2022 bei Kiepenheuer & Witsch
„Mit diesem Sammelband wollen die beiden Herausgeberinnen aufklären. Aufklären über den Unterschied zwischen einem schwerwiegenden, psychisches Leiden erzeugenden Konflikt aufgrund der tiefen Überzeugung, im falschen Körper zu leben, und dem aktuellen Trend, bereits Geschlechterrollenirritation für »Transsexualismus« zu halten.“ sagt der Verlag, und allein diese Ankündigung spricht mir schon aus dem Herzen, also habe ich das Büchlein (224 Seiten Print / 175 Seiten im e-Book schmal) lesen müssen. Ich dachte mir als erstes, aha, ich bin nicht die einzige, die einen Hype sieht, Transsexualismus omnipräsent und unhinterfragbar darzustellen.
Dieses Büchlein ist nun ist der Versuch, etwas Objektivität in die aktuell hochemotionale Debatte zu bringen. Die beiden Herausgeberinnen beschäftigen sich schon länger mit der Materie, und sie drucken hier auch einige ihrer eigenen Essays noch mal ab, die man auch schon in der EMMA hatte lesen können, und es kommen viele Sexualtherapeuten, Betroffene, Selbsthilfegruppen, Eltern, Ärzte Feministinnen zu Wort. Und Achtung, ich persönlich hasse die Genderei, ich nutze hier in meiner Rezension die maskuline Mehrzahlsform.
So. Hier wird mit wissenschaftlichen Fakten und Studien und Quellenangaben untermauert endlich mal Klartext geredet. Der Unterschied zwischen Gender und Sex wird erläutert, und es wird die Frage untersucht, wie es dazu kommt, dass jahrzehntelang nur einige wenige Menschen ihr Geschlecht gewechselt haben, und das Ganze plötzlich ein totaler Hype ist, und mittlerweile schon fast in jeder Schule Mädchen zu finden sind, die glauben, sie leben im falschen Körper und die ihr Geschlecht wechseln wollen. Denn es sind fast ausschliesslich Mädchen (Holla – könnte das eventuell auch sozio-kulturelle Gründe haben, warum Mädchen sich nicht als Mädchen wohl fühlen? Hmmmm).
Und wie kann es eigentlich sein, dass unsere Regierung ernsthaft es Menschen ab 14 Jahren (!!!!) erlauben will, dass sie auch ohne Einwilligung ihrer Eltern per Sprechakt (!!!) auf dem Rathaus ihr Geschlecht ändern können??? Das frage ich persönlich mich auch schon eine Weile, seit ich den Koalitionsvertrag gelesen habe, und ich sehe unglaubliches Leid voraus. Leid an Teenies, die ohne Probleme von Therapeuten Pubertätsblocker verschrieben bekommen, und die vielleicht ganz andere Probleme haben. Denn es gibt – Achtung! – mittlerweile auch diverse Leute, die sowas hinter sich haben, mit Anfang 20 feststellen, dass ihr ursprüngliches Geschlecht vielleicht doch nicht ganz so doof war, und die nun mühevoll versuchen, zu „detransitionieren“. Einige dieser Detransitionierer kommen in dieser Streitschrift auch zu Wort, und das zu lesen bricht einem das Herz. Wenn man einmal seine Genitalien hat amputieren lassen und Hormone schluckt, dann ist da nämlich nicht mehr soviel da zum zurück-transitionieren. Aber hey, wer hier Vorbehalte geäussert hat, ist gleich als transphop geframed. Der Debattenraum in unserem Lande ist generell seit ein paar Jahren sehr sehr eng geworden, und kritisches Hinterfragen nicht gewünscht bei bestimmten Themen. Das Thema Transsexualität gehört leider dazu, und daher finde ich es als so wichtig und so mutig, dass sich Frau Schwarzer und Frau Louis dem Thema angenommen haben und eine Menge unangenehmer Wahrheiten anbringen. Und unangenehme Fragen stellen.
Ich merke, ich werde gerade selbst etwas emotional, aber das ist echt ein Thema, wo ich grantig werden könnte. Da sitzt etwa aktuell ein biologischer Mann für die Grünen im Bundestag, der angibt, er fühle sich als Frau, und dann kommt er via Frauenquote auf seinen Posten (ich rede von Herrn / Frau Ganserer, der-die-das in dem Buch auch erwähnt wird). Und wenn es wer wagt, das anzuklagen, der wird öffentlich als transphop und rechter Rassist ge-shitstormt. Was hat mich das geärgert und ärgert immer noch. Ich glaube, ich habe auf dieses Buch nur gewartet, ich konnte fast jeden Satz unterstreichen.
Bei all diesen bizarren Dingen, die aktuell ablaufen, vergessen die Herausgeberinnen aber auch nicht die, ich nenne sie mal „echten“ Transsexuellen. Die, die tatsächlich im falschen Körper gefangen sind. Die, die jahrelang leiden und für die das „Transitionieren“ die beste Entscheidung ihres Lebens ist. Und komischerweise sind das nicht die, die am auffälligsten die Regenbogenfahne schwenken, sondern die sich irgendwann schlicht freuen, ihr neues Leben zu führen.
Also, ich kürze ab: das Buch ist brilliant. Es ist nicht lang, unterteilt in verschiedene auch einzeln zu lesende Kapitel und Unterthemen, und ich finde es aktuell extrem wichtig. BITTE LESEN!
Herzlichen Dank an Netgalley für das Rezensionsexemplar. Ich fand es brilliant!