von Teresa Simon
erschienen 2025 im Rowohltverlag

Klappentext: „Eine Olivenbauernfamilie, eine Frau zwischen zwei Brüdern und der Kampf um Freiheit: die große deutsch-italienische Familiengeschichte von Bestsellerautorin Teresa Simon.
Die Hamburger Goldschmiedin Julia Matthiesen reist zum ersten Mal in das malerische Dorf Lucignano in der Toskana und ist auf Anhieb überwältigt vom Zauber der Landschaft. Ihr kürzlich verstorbener Nonno stammt von hier, seine Familie hat seit jeher Oliven angebaut, doch über seine Vergangenheit hat Gianni immer geschwiegen. Julia begibt sich auf die Spuren ihres Großvaters, unterstützt von dem attraktiven Italiener Matteo.
Ihre gemeinsame Suche führt in die 1940er-Jahre, in die Zeit der «Resistenza», als italienische Partisanen sich in den Bergen versteckten und gegen die Faschisten kämpften; sie führt zu zwei Brüdern, den Olivenbauern Vito und Gianni, und zu einer tragischen Liebesgeschichte …“

Schönes Cover, interessanter Klappentext; die Toskana – hat mich per se angesprochen 🙂 Der Pflanzenzweig auf dem Cover ist zwar keine Zypresse, sondern ein Olivenzweig, und auf dem Buchrücken ist, wenn man genau hinschaut, die Schrift „Zypressensommer“ in grün und silber aufgedruckt, was wiederum keine Zypressen- sondern Olivenblattfarben sind, aber sei es drum. Um Olivenhaine geht es hier ja auch 🙂
Ja, kurz zum Inhalt. Hier sagt der Klappentext schon viel aus (muss man positiv erwähnen mittlerweile, hier hat sich echt jemand Gedanken gemacht); die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen, und zwar sind wir einmal im Jahr 1998 bei der Hamburgerin Julia, deren italienischer Großvater Gianni vor kurzem gestorben ist, und der ihr eine Art Rätsel hinterlassen hat. Auf einem Papier stehen einige Orte und Namen aus seiner Vergangenheit – ungeklärte Begebenheiten, die Gianni selbst nicht mehr aufklären konnte, und somit etwas, das Julia nun lösen möchte. Kurz entschlossen reist sie in die Toskana, in das kleine Örtchen Lucignano, in dem Gianni einst als Olivenbauer lebte, bevor er im Kriegszeiten in Hamburg strandete, und dort für den Rest seines Lebens blieb. Gemeinsam mit dem charmanten Matteo begibt sich Julia dann auf die Spurensuche ihres Lebens und ihrer Wurzeln….
In der zweiten Zeitebene starten wir dann im Jahr 1943 in Italien. Es sind Kriegszeiten, und wir begleiten als Leser zum einen Gianni, der als italienischer Gefangener in Hamburg landet, und wir sind in Lucignano, wo sich die deutsche Wehrmacht als Besatzer breit macht, und die Resistenza sich formiert – und wir sind bei Giulia, der ersten Liebe Giannis, die ebenfalls im Untergrund als „Staffetta“ kämpft…..
Mein Leseeindruck: Super spannend. Das war ein historischer Roman, der für mich so ziemlich alles hatte, was großes Kino braucht: Liebe (in allen Zeiten 🙂 ), Action, Dramatik, Freundschaft und Familie, Verluste und Wagnisse – die ganze Bandbreite großer Gefühle war da, und wir hatten eine spannende historische Ära. Der italienische Faschismus, die Besatzungszeiten und die Resistenza sind jetzt nicht ein Thema, über das man im Alltag und im Geschichtsunterricht außer ein paar Schlagworten viel erfährt, und somit finde ich es immer klasse, wenn ich in Romanform einiges „nachlernen“ kann. Die Autorin ist als Historikerin Fachfrau, und das merkt man. Auch interessant die Geschichte der italienischen Militärinternierten in Deutschland – von denen wusste ich vorher auch so gut wie gar nichts. Und wenn Julia sich wundert, wie wenig sie doch tatsächlich über den geliebten Nonno wusste, so kann ich da nur nachempfinden – geht mir ebenso mit meiner Familie. Schade eigentlich.
Wie auch immer: das war eine tolle Geschichte, die auch sehr mitreißend erzählt wurde. Ja, teils hatte ich das Gefühl, Julias Recherchen gingen ein bisschen zu problemlos vonstatten; allzu viel Recherche war da teils nicht, sie hatte eigentlich immer einen Zeitzeugen zur Hand und einen kompetenten Übersetzer, das fand ich ein wenig unglaubwürdig, aber hey, Peanuts, das hier ist ein Roman, und die Handlung muss vorankommen.
Mich hat der Roman gefesselt und bestens unterhalten!
Ich bedanke mich herzlich beim Verlag für das Rezensionsexemplar!
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Interview mit der Autorin – entnommen Amazon.de:
Liebe Teresa Simon, worum geht es in Ihrem neuen Roman „Zypressensommer“?
Eine komplexe Geschichte auf zwei Zeitebenen, 1998 und 1943: Die junge Hamburger Goldschmiedin Julia macht sich auf die Suche nach den Wurzeln ihres jüngst verstorbenen Großvaters, die sie in die südliche Toskana führen. In Lucignano, einem kleinen Ort, entdeckt sie eine Reihe aufwühlender historischer und familiärer Geheimnisse – und sie findet die ganz große Liebe. Das Licht und der Duft der Toskana – ich hoffe, ich konnte beides für meine Leser*innen einfangen …
Sie sind promovierte Historikerin, alle Ihre Romane haben einen spannenden historischen Hintergrund. Dieses Mal nehmen Sie uns mit in das Italien der 40er-Jahre, in die Zeit der „Resistenza“. Was hat Sie an dem Thema fasziniert?
Von der französischen Résistance ist zum Glück inzwischen vieles bekannt, über die italienische resistenza wissen viele hierzulande leider noch immer viel zu wenig. Auch in der Toskana und weiter nördlich in Italien haben tapfere Frauen und Männer gegen die deutschen Besatzer gekämpft – und zum Teil mit ihrem Leben dafür bezahlt. Einige dieser blutigen Massaker sind bekannt; von anderen wie dem in Civitella am Festtag Peter und Paul 1943 wurde bislang noch kaum erzählt. Mich hat der Mut dieser Menschen fasziniert, gegen eine bewaffnete Übermacht aufzustehen und für die Freiheit zu kämpfen.
Welche Rolle haben die Frauen im Widerstand gespielt?
Die Frauen haben die resistenza getragen, so kann man es ohne Übertreibung formulieren. Als Stafetten unterwegs, unauffälliger als Männer, haben sie Nahrung, Kleidung, gefälschte Pässe, Geld, teilweise auch Munition zu den Partisanen gebracht. Viele von ihnen waren sehr jung, so wie meine Giulia im Roman, Deckname Gufo Nero (schwarze Eule), die ich an die historische Figur der Partisanin Giovanna Quadreri angelehnt habe.
Ein weiteres Thema ist das Schicksal italienischer Militärinternierter in Deutschland, die sogenannten IMIs …
Nach dem Waffenstillstand zwischen Italien und den Alliierten 1943 wurden circa 650.000 italienische Soldaten entwaffnet und in Viehwaggons nach Deutschland gebracht, wo sie, zusammengepfercht in Lagern, unter elenden Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten. Ihr Sonderstatus als italienische Militärinternierte bedeutete, dass für sie weder die Genfer Konvention galt noch das Rote Kreuz zuständig war. Viele waren in Rüstungsbetrieben zuständig, aber auch mittelständische Betriebe konnten diese IMIs anfordern – kostenlose Arbeitskräfte. 50.000 von ihnen überlebten diese Zeit nicht. Bis zum heutigen Tag gibt es keinen Cent Entschädigung – ein besonders dunkles Kapitel der deutsch-italienischen Geschichte.
In Ihrem Roman „Zypressensommer“ spielt neben Hamburg der kleine Ort Lucignano in der Toskana eine Rolle. Was verbinden Sie mit Italien?
Lucignano ist für mich wie ein zweites Zuhause. Mit meinem Mann verbringe ich seit mehr als 25 Jahren dort immer wieder herrliche Tage und fühle mich inzwischen so heimisch, dass ich manchmal fast glaube, ich bin nur aus Versehen 650 Kilometer weiter nördlich zur Welt gekommen. Ich liebe alles dort – die Architektur, die Sprache, das Wetter, das Essen (hinten im Roman finden Sie ein paar besonders feine toskanische Rezepte zum Ausprobieren) –, besonders aber die Menschen, die uns jedes Mal so freundlich empfangen. Dieser Herzensroman ist meine persönliche Hommage an „meine“ Toskana.