von Rob Lampe

Erschienen 2021 im Hansanordverlag

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Peter Döbler ist vielleicht noch einigen ein Begriff: seine sensationelle Flucht aus der DDR im Sommer 1971 hat eine Weile die westdeutschen Schlagzeilen beherrscht, und auch noch lange darüber hinaus ist seine Aktion vielen im Gedächtnis geblieben. Was er gemacht hat, hat so noch niemand vor ihm gewagt. Peter Döbler ging im ostdeutschen Seebad Kühlungsborn ins Wasser und schwamm quer durch die Ostsee, 45 km weit, mit Kurs Nordwest, zum westdeutschen Fehmarn, vorbei an Grenzposten, Patrouillenbooten und Schiessbefehl. 45 km durch die Ostsee, das bedeutet 25 Stunden Schwimmen, ganz alleine, ohne Trinkwasser – eine unglaubliche, fast übermenschliche  Leistung.

In diesem Roman geht es um die Geschichte Peter Döblers. Und um die Geschichte einer innerdeutschen Trennung und um den Sozialismus. Um Freundschaften. Um Familie, um Werte, für die man leben möchte. Und immer wieder um die Freiheit.

Peter wurde 1940 in Rostock geboren, und wuchs als Nachkriegskind im beginnenden Sozialismus auf. Er erlebt als junger Mann den Bau der Mauer, oder wie hiess die so schön? Der „antifaschistische Schutzwall“? , und erlebt am eigenem Leib die Auswirkungen , die der Kommunismus auf das komplette Leben hat. Wobei er sich eigentlich mit den Zielen des Sozialismus identifizieren kann und gar nicht per se ein Hasser des Systems ist, in dem er lebt. Aber erste Zweifel kommen auf, als er als Sohn eines selbständigen Steuerberaters keine Zulassung zum Medizinstudium bekommt, keine Chance als „Kapitalistenkind“. Als der Vater stirbt, wird aus ihm plötzlich ein gutes „Sozialistenkind“ – denn die Mutter arbeitet korrekterweise in einem Konsum. Und Schwups ist ein paar Tage später die Zulassung fürs Studium da. Es soll noch mehrere Ereignisse dieser Sorte in seinem Leben geben, die ihm peu a peu den Glauben ans System abhanden kommen lassen, und irgendwann hat er sich festgesetzt, der Gedanke an eine Flucht in den Westen. Irgendwann ist klar, die persönliche Freiheit ist ihm ein Gut, für dass es sich lohnt, alles hinter sich zu lassen, und einen Neuanfang zu wagen.

Rob Lampe beschreibt hier in Romanform verpackt die Lebensgeschichte Peter Döblers, und erzählt von den Vorbereitungen zu dieser Flucht. Um so eine Leistung zu bringen, muss man schon ziemlich hart trainieren, aber auch gut planen, welche Strecke sich überhaupt hierfür eignet.

Die Geschichte wäre auch als pure Belletristik schon spannend, aber da sie auf wahren Begebenheiten beruht, finde ich es noch mal extra faszinierend. Im Mittelteil des Romans sind Faksimiles von staatlichen Berichten und Telegrammen und anderen Unterlagen des BStU aus den Jahren 1971-1976, sowie Kopien von Zeitungsberichten von damals, und das finde ich sehr interessant. Das Cover zeigt übrigens tatsächlich Peter Döbler in seinem Neopren, authentischer geht es also nicht.

Alles in allem war das für mich eine packende Story, mit viel geschichtlichem Hintergrundwissen in Bezug auf die 50er und 60er Jahre in Deutschland. Ich selbst bin Jahrgang 71 (passt ja irgendwie zum Buch 😉), und für mich waren als  Kind und Teenager viele Dinge in Bezug auf die innerdeutsche Teilung einfach fix und „das war halt so“, und mit diesem Buch habe ich nochmal eine kleine Nachhilfestunde in Sachen Geschichte bekommen. Übernacht haben sich der Sozialismus und die geschlossenen Grenzen ja nicht manifestiert, Peter und seine Freunde konnten als junge Leute durchaus zum Wochenende rüber nach Westberlin ins Kino gehen zum Beispiel. Das geschlossene System war anfangs durchaus durchlässig. Spannend zu lesen, wie es damals war.

Was gibt es ansonsten noch zu sagen? Gut, flüssig, packend geschrieben. Das hab ich allerdings auch nicht anders erwartet, da ich schon die Krimis von Rob Lampe gelesen habe, und seinen Schreibstil sehr mag. Das ist ein Autor, dessen Bücher man unbesehen kaufen kann, der kann einfach gut schreiben. Punkt.

Also, mein Fazit: Spannend. Authentisch. Alle Daumen hoch!

Ich bedanke mich beim Hansanordverlag für ein tolles rezensionsexemplar!

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