von Nathan Winter

Viktorianischer Krimi mit schlagfertiger Heldin

In London geht ein Serienmörder um: junge Mädchen aus gutem Hause werden erdrosselt in der Themse aufgefunden. Als auf die gleiche Weise eine asiatische Bordellbesitzerin – Madame Yin – ermordet wird, übernimmt das Scotland Yard die Ermittlungen. Die 18jährige Dorothea, Tochter des Londoner Lords Ellingsford, die gerade bei ihrer Tante in Amerika wohnt, wird von ihrer Familie zurück nach England gerufen. Ihre beste Freundin ist Opfer des Mörders geworden, und zu ihrem Schutz begleitet sie Celeste Summersteen, ihres Zeichens erste weibliche Detektivin der Pinkerton Detektei. Celeste ist nicht nur Freundin und Begleitschutz, sondern auch beauftragt, den Mörder zu fassen. Was Inspector Robert Edwards, leitender Ermittler des Yards, aber noch nicht weiss, und es macht ihn auch nicht wirklich glücklich, eine amerikanische Zivilistin in sein Team zu bekommen.

Aus dieser Ausgangssituation heraus entwickelt sich ein intelligent konstruierter Krimi, der den Leser ins viktorianische London, und hier vor allem in die nicht so schönen Viertel der Stadt entführt. Das Leben ist für die meisten Menschen hart, und ein Menschenleben ist in Whitechapel nicht viel wert. Ihre Ermittlungen führen das ungleiche Team um Inspector Edwards, der es geschafft hat, von ganz unten hoch zu arbeiten, und Celeste, unerschrockene, intelligente und mit allen Wassern gewaschene Amerikanerin, in den Moloch der Stadt. In den Bordellen der Madame Yin ging es nicht mit rechten Dingen zu, und auf der Jagd nach dem Serienmörder haben sich die Ermittler mit erschreckend modernen Themen wie Menschenhandel, Zwangsprostitution, Bandenkriegen und Drogen auseinander zu setzen. Die Droge zu Ende des 19. Jahrhunderts war das Opium, alles andere kommt einem beim Lesen modern-vertraut vor. Organisierte Kriminalität im viktorianischen England. Ohne zuviel zu spoilern: es wäre natürlich kein Krimi, wenn nicht am Ende der Mörder gefasst würde, aber die Sümpfe der Kriminalität können nicht trocken gelegt werden – auch das kommt einem vertraut vor.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, die Geschichte war spannend erzählt, die Figuren lebensnah, und ich bin beim Lesen ins historische London eingetaucht. Nathan Winters schreibt atmosphärisch so dicht, dass man fast meint, London zu riechen, und life dabei zu sein, wenn Edwards durch die nächtlichen Gassen streift, seine Informanden trifft, und auch schon in die eine oder andere Schlägerei verwickelt wird. Auch Miss Summersteen, die sich beherzt in gefährliche Situationen begibt, und schlag- und schiessgewandt auch wieder verlässt, ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe sowieso ein Faible für starke weibliche Heldinnen, und diese hier ist fabelhaft! Fazit: definitive Leseempfehlung für alle Fans (historischer) Krimis. Action und Spannung garantiert. Und mal keine vorhersehbare Lovestory zwischen den Hauptfiguren. Ich gebe volle Punktzahl!

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