von Madeline Miller

Neuerscheinung 2020 aus dem Eisele Verlag

Wer kennt ihn nicht, Achill, Halbgott und Superhero der griechischen Mythologie, unbesiegbar, fast unverletzbar, Alptraum der Trojaner während des trojanischen Krieges? Im „Lied des Achill“ wird seine Geschichte neu erzählt, und zwar aus der Perspektive seines Gefährten Patroklos. Und die Geschichte beginnt in der Kindheit der beiden, als die zwei noch kleine Prinzen waren. Der Ansatz ist neu, und die Kindheits- und Jugendjahre des Achill kannte ich noch nicht, und somit hatte mich die Autorin schon in den ersten paar Seiten mit ihrem flüssigem Stil eingefangen.

Die ersten 150 Seiten waren entsprechend interessant und packend. Ab etwa Seite 150 allerdings kommt dann Odysseus‘ Rekrutierung für den Krieg gegen Troja, und ab dann ist die Geschichte halt sehr bekannt und ich war nicht mehr ganz so gefesselt dabei. Und ich hatte noch ein anderes (Luxus)-Problem: bei allen Beschreibungen aller möglichen Personen und Begebenheiten hatte ich nun ständig einen Film vor Augen. Ihr wisst schon – Troja – the Brad Pitt Show? Was prinzipiell nicht schlecht ist, denn hey, Brad aka Achill war schon, ähem, extremst nice anzuschauen, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, die Autorin hat den Film vielleicht ein paar mal zu oft gesehen. Ich gestehe, ich auch. Aber wer den Hollywoodblockbuster kennt und auch die Originalstory von Mr Homer kennt, der weiss auch, dass sich Hollywood damals ne Menge dichterische Freiheit rausgenommen hat, und leider ähnelt das Lied des Achill streckenweise mehr dem Lied Hollywoods als dem der alten Ilias. Könnte man jetzt im Detail aufbröseln, das wäre jetzt vielleicht aber nur für Fans der griechischen Mythologie wirklich interessant.

Zum Ende wird’s dann aber doch noch mal spannend, denn die Autorin wählt tatsächlich ein etwas anderes Ende als Hollywood; nachdem Achill gestorben ist, übernimmt noch einmal sein Sohn das kriegerische Zepter. Und geht dann kurz darauf auch zugrunde.

Neu an der Erzählung Millers ist, dass Patrokolos und Achill nicht nur beste Freunde sind, sondern auch auch lebenslang als Liebespaar verbunden. In einigen Rezensionen, die ich gelesen habe, löste das Empörung aus, ich fand diese Variante aber fürs antike Griechenland nicht wirklich spektakulär. Und warum auch nicht, sie waren ein Leben lang in aufrichtiger Zuneigung verbunden, und ohne Patroklos‘ Tod und Achills Rache hätte der Krieg um Troja wohl noch ein paar Jahre länger gedauert. Tja, nun mein Fazit: War gut zu lesen, hatte was, und wer noch nie Berührungspunkte mit der Mythologie Griechenlands hatte, ist hiermit gut bedient, das hier ist schon ein Who’s Who aller Könige, Helden und holden Damen, aber ich würde eigentlich Gustav Schwabs „Sagen des klassischen Altertums“ als erstes empfehlen, wenn mich jemand um ein gutes Buch zum Einstieg in die Antike Sagenwels fragen würde. Ansonsten hat mich das Lied des Achill leider nicht nachhaltig berührt.

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