von JP O’Connell

erscheint im Juni 2022 im DuMont Verlag

Wir sind im Jahre 1926 an der italienischen Riviera. Seit Ostern hat das Hotel Portofino seine Pforten eröffnet. Geführt wird es von Bella und Cecil Ainsworth, einem britischen upper-class Ehepaar, das einen Neuanfang in Ligurien wagt. Wobei es sich hier eher um Bellas Traum und Neustart handelt – ihr Gatte, aus altehrwürdiger, aber leider verarmter Familie entstammend, ist eher Lebemann als Arbeitstier, und verbringt die Zeit lieber im Casino und mit allerlei windigen Geschäften, als im Hotel mit anzupacken. Und überhaupt ist er derzeit damit beschäftigt, die anstehende Heirat seines Sohnes Lucien mit der reichen Erbin Rose auszuhandeln. Diese weilt zu diesem Zweck mit ihrer Mutter im Hotel, wobei sich allerdings das Anbandeln zwischen Rose und Lucien eher etwas schleppend gestaltet…

Als die Pariser Tänzerin Claudine und ihr Liebhaber Jack eintreffen, tun sich für Cecil neue Möglichkeiten auf: Jack ist Kunstkenner (aka Hehler) und da liesse sich vielleicht ein altes Familienerbstück, ein Rubens, zu Geld machen….wenn es denn ein Rubens wäre….aber was nicht ist, kann ja noch werden….

Und dann ist da auch noch das neue Kindermädchen Constanze, das aus ganz eigenen Motiven heraus in Italien einen Neuanfang wagt und sich hier verlieben soll…..und Bella, immer wieder Bella, die vor viele Herausforderungen gestellt wird, und am Ende über sich hinauswächst.

Ja, wie soll ich es beschreiben, wir sind hier mit in Hotel dabei und erleben als Leser all die kleinen und grossen Dramen der illustren Gästeschar mit; sind ganz nah dabei, wenn Liebe und Verrat und Freundschaften passieren und auf die Probe gestellt werden. Es ist ein bisschen so wie bei Vicky Baums „Menschen im Hotel“; es gibt hier eine ganze Schar Protagonisten, und einen ganzen Schwung Geschichten, die erzählt werden, und die Fäden laufen aber alle im Hotel Portofino und bei Bella wieder zusammen.

Der Roman lebt von der Leichtigkeit im Erzählstil und von der brilliant eingefangenen Atmosphäre. Ich war vor langer Zeit das letzte Mal in Portofino und an der Riviera, und beim Lesen bin ich direkt wieder dorthin versetzt worden. Hat Fernweh und Sehnsüchte geweckt; seufz, ich könnte gerade Koffer packen und auf Reisen gehen….und auch das Zeitgefühl der 20er kam rüber. Das Aufkommen des Faschismus in Italien wurde thematisiert, das letzte Ausklingen des britischen Empires, das Aufblühen einer neuen Zeit für die Frauen, das Hinter-sich-Lassen des Grauens des 1. Weltkrieges – all diese Dinge finden sich eingeflochten in einen sehr flüssig zu lesenden Roman, und mir war keine Sekunde langweilig.

Der Verlag schreibt „›Hotel Portofino‹ erzählt von einem unvergesslichen italienischen Sommer in den wilden Zwanzigern: atmosphärisch, unterhaltend, mit einem Hauch Nostalgie.“, und dem stimme ich komplett zu.

Amazon klassifiziert das Buch ein ins Genre „Historische Thriller“ – nun ja, das würde ich jetzt nicht sagen; auch Krimi wäre zu hoch gegriffen; für mich war das mehr ein Gesellschaftsroman (gibt’s das Genre überhaupt?), mit einer ganzen Reihe interessanter, teils skurriler, aber irgendwie trotzdem komplett authentischer Charaktere, die ich gerne begleitet habe😊.

Herzlichen Dank an Netgalley.de und den Verlag für das Rezensionsexemplar!

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