von Clementine Skorpil

Erschienen 2021 im leykam: Verlag

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Der Klappentext verspricht: „Ein turbulenter Roman über den abenteuerlichen Lebensweg einer Frau im 18. Jahrhundert“.

Wir befinden uns Ende des 18. Jahrhunderts. Philippine wird in bäuerlichen Verhältnissen geboren, und läuft kurz vor ihrer Verheiratung davon. Sie verkleidet sich als Junge, und als Philipp schafft sie es, in einem Wiener Gymnasium aufgenommen zu werden. Sie ist schlau, sie macht sich gut – wäre nicht immer die Angst vor Entdeckung, und die innere Unruhe, sich das Leben erschwindelt zu haben. Aber als Philipp kann sie in Rom Medizin studieren, und in Coimbra Kartografie. Und macht sich dann auf nach China, sie will an den Hof des Kaisers, um dort Automaten zu bauen.

Soviel kurz zum Inhalt. Spannende Story, cooler Plot. Das hatte mich sofort gefangen. Ich finde historische Romane aus weiblicher Sicht geschrieben immer faszinierend, und Frauen, die aus ihrem weiblichen Leben ausbrechen, um als Mann zu lernen und zu leben, die Fesseln der Gesellschaft zu sprengen, ihr Potential auszuschöpfen, sind für mich immer Heldinnen, deren Geschichten ich liebe. Vor allem, wenn sie noch auf so abenteuerliche Reisen gehen wie Philippine.

Jetzt bin ich aber mit genau diesem Roman ein bisschen zwiegespalten. Und ein wenig überfordert. Der Plot ist klasse, mit dem Stil hab ich echte Probleme. Der Roman ist aus der Ich-Perspektive Philippines geschrieben. Und wie das so ist, wenn man seine Lebensgeschichte erzählt, man springt da gerne mal zeitlich vor und zurück. Dann fällt einem hier noch was Wichtiges zu ein, und dann dort. Was in einer mündlichen Erzählung nett ist, stresst mich als Leser, vor allem wenn ohne Vorwarnung hin und her gesprungen wird. Eben checkt die erwachsene Philippine noch auf einem Schiff ein. Und dann kommen Kindheitserinnerungen aus der Familie, anschliessend  hüpfen wir ins Wiener Konvent, plötzlich ist sie als Frau enttarnt und wird vergewaltigt, und dann ist sie wieder irgendwo als Mann – also, ohne Punkt und Komma, und ich war des Öfteren verwirrt und irritiert. Ich fand den Erzählstrang etwas arg holperig.

Und wenn ich sage, Philippine erzählt uns Lesern ihr Leben, dann meine ich das genau so: die Gedanken und Sätze werden oftmals genau so geschrieben, wie man sie salopp spricht. Vor Allem in der wörtlichen Rede kommt einiges an Umgangssprache auf den Leser zu. Ich weiss, ich weiss, das ist ein Stilmittel, dass uns die Protagonisten und ihr Handeln und Denken nahe bringen will, aber ich bin beim Lesen eine kleine Spiesserin: ich mag das schlicht nicht. Wenn ständig ein „Mensch“ bei Philippine zum „Mentsch“ wird, dann gefällt mir das nicht. Ich stelle an mir fest, je älter ich werde, desto weniger kann ich mit stilistischen Experimenten in der Belletristik was anfangen. Ich mag das auch nicht, wenn Dialekt geschrieben wird, beispielsweise (daher gehen mir bei Rita Falks Büchern und dem Bayerischem beispielsweise die Zehennägel hoch, wenn ich sie lese, aber ich liebe die Verfilmungen). Philippine spricht nicht unbedingt Dialekt, aber ihr Satzbau ist teilweise sehr simpel. Wobei ich hier nicht umhin komme, festzustellen, dass ihr Satzbau niveauvoller wird, je älter sie wird – ich sehe das durchaus, dass die Autorin hier sehr geschickt uns allein durch Philippines Sprache ihre Veränderung und ihren intellektuellen Wachstum präsentiert. Allein, sorry, ist trotzdem nicht meins….

Ja, was soll ich sagen. Die Geschichte an sich ist echt gut. Das Buch selbst ist auch super hochwertig und schön gestaltet, haptisch ist das eine Freude. Aber ich bin aus genannten Gründen nicht in einen Lesefluss gekommen. Das ist echt superschade. Hin und wieder war ich mal kurzfristig „drin“, aber dann blätter ich um, und dann kommt wieder ein Zeit- und Handlungssprung, das war echt blöd.

Ich tu mich echt schwer, dieses Buch zu bewerten. Ich würde allen potentiellen Leserinnen empfehlen, sich eine Leseprobe runterzuladen, oder im Buchhandel mal ein wenig rein zu lesen. Wie gesagt, gute Grundidee, historisch gut recherchiert, interessante Personen – aber der Stil ist speziell.

Ich bedanke mich trotzdem vielmals beim leykam-Verlag für das Rezensionsexemplar – war leider einfach nicht ganz meins.

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