von Eva Seifert
erschienen bei blanvalet 2019
Dieses Buch hat mir eine Freundin ausgeliehen, und da ich mich erstens auf ihren Buchgeschmack verlassen kann und zweitens das Cover echt nett aussah, habe ich mal zugegriffen 😊, auch ohne die Autorin zu kennen oder das Buch vorher schon mal gesehen zu haben.
Also, gleich vorab: der Roman hat mir sehr gut gefallen. Und nein, es ist keine Sommerferienlovestory in der Idylle, wie das Cover vermuten lässt. Oder zumindest nicht nur.
Hierum geht’s: Beate, Mona und Christine sind drei Schwestern um die 50, die sich auf der Beerdigung von Beates Mann wiedersehen. Sie sind sich auch schon vorher verbunden, aber diese Beerdigung stellt eine Art Zäsur dar. Beate will anschließend das Häuschen verkaufen, die Kinder sind schließlich auch schon flügge, und sie will sich noch mal neu orientieren. Gemeinsam mit den Schwestern will sie auf eine 6-wöchige Weltreise gehen und einige Traumziele endlich mal kennenlernen. Die anderen beiden sind sofort dabei. Als allererstes steht Schweden auf dem Programm: dort lebt Leonhard, der Bruder der 3, mit dem sie seit Jahrzehnten mehr oder weniger im Clinch liegen. Auf besagter Beerdigung war Leonhard dabei, und nun wollen zumindest Christine und Beate sich aussöhnen. Und noch etwas zieht sie zu Leonhard – er hat in einer alten Umzugskiste ein altes Tagebuch aus dem Nachlass der Eltern gefunden, das so einige Fragen aufwirft, und die Familiengeschichte komplett umzustoßen droht. Also machen sich die Damen auf in die Nähe von Stockholm, ins malerische Küstenörtchen Djursholm, und kramen in der Vergangenheit…..
Das Buch ist dann noch mal in zwei verschiedene Zeitebenen aufgeteilt, die meiste Zeit sind wir im hier und jetzt , wo die Kapitel abwechselnd aus der Sicht der 4 Geschwister erzählt werden, und dann gibt es noch Tagebucheinschübe und einen längeren Einschub, der im Sommer 1969 in Schweden spielt und aus auktorialer Sichtweise erzählt wird. Und wir als Leser sind immer so schlau wie auch die Geschwister, die die Geschehnisse der Vergangenheit aufarbeiten und nebenbei auch ihre eigene Kindheit neu bewerten und sich als Familie neu aufstellen.
Ich fand die Story sehr interessant. Mich interessieren Familiendynamiken sowieso, und das war mal ein spannender Plot. Die 4 Geschwister sind zwar vom selben Elternpaar aufgezogen worden, aber jeder empfand es anders, und richtig glücklich ist keiner im Elternhaus geworden. Und alle haben sich in andere Richtungen entwickelt, und als sie sich ewig später wieder aneinander nähern, sind diese unterschiedlichen Sichtweisen aufeinander geprallt. Das fand ich persönlich fast noch interessanter als die Aufdeckung des Familiengeheimnisses. Ich finde es immer super spannend, wie kindliche Verletzungen sich durchs ganze Leben ziehen. Der Sohn wurde bevorzugt, obwohl er das gar nicht wollte, die Mädels fühlten sich benachteiligt und haben diese negativen Gefühle gegen sich selbst und gegen den Bruder gewendet, und sind mit falschen Schlüssen in die Irre gerannt. Wie im echten Leben. Das hat die Autorin wirklich gut dargestellt, und natürlich war es schön zu lesen, dass die Protagonisten im Erwachsenalter auch mal reflektieren können und sich am Ende einander genähert haben.
Also wie gesagt, die Erzählebene aus dem „Jetzt“ fand ich wirklich gut. Die Story aus 1969 war nett, tragisch, emotional, aber hat mich nicht soooo erreicht. Ich will jetzt auch nicht zu viel davon verraten, ist schließlich ein Familiengeheimnis 😊, aber ich bin den Protagonisten aus dem Sommer von damals nicht so wirklich nahegekommen. Nichtsdestotrotz, das ganze Buch war gut und flüssig geschrieben und ich habe es in kurzer Zeit durchgelesen, es hat mich also insgesamt doch gepackt.
Ja, und nochmal zurück zu den Familiendynamiken; die hat die Autorin, finde ich, echt gut seziert und in Romanform gebracht. Und sie hat jedem der 4 Geschwister viel Raum gegeben, wir erfahren von jedem sehr viel Lebensgeschichte….die natürlich immer auch mit den anderen dreien verwoben ist. Seine Geschwister wird man im Leben nicht los 😉.
Insgesamt verteile ich hier 4,5 von 5 Sternen. Mir persönlich war die „Story in der Story 1969“ etwas zu lang, daher mein Punktabzug. Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter! Ernste Töne locker und leicht verpackt, ohne seicht zu werden, in spannender Romanform verpackt – ich mochte es sehr gerne!