von Maria Popova
erschienen 2020 im Diogenes Verlag
Klappentext: „Maria Popova porträtiert brillante Denkerinnen und Denker aus Wissenschaft, Kunst und Literatur. In poetischer Sprache und mit erfrischend persönlichem Erkenntnishunger verknüpft Popova Lebensentwürfe und Gedanken der letzten vierhundert Jahre. Ein Buch, das Grenzen sprengt, Geschichte neu erzählt und dazu anregt, Gesellschaft anders und gemeinsam zu denken.“
Der Klappentext selbst sagt jetzt – finde ich – relativ wenig aus, was einen erwartet; „Findungen“ war jetzt aber das November -Dezember-Buch meines online-
Lesekreises, und daher habe ich es mir besorgt. Die Leiterin des Lesekreises war enthusiastisch, und hat uns dieses Sachbuch absolut wärmstens ans Herz gelegt. Also, dann lass ich mich doch mal überraschen, dachte ich. Mit über 800 Seiten ist das auch relativ dick, also viel zu erwarten 😉.
Ja, worum geht es genauer? Maria Popova (* 28. Juli 1984 in Sofia, Bulgarien ) ist eine in den USA wohnhafte Autorin, Intellektuelle und Kritikerin, sagt Wikipedia, und wenn man sie auf Spotify eingibt, sieht man, sie wird zu allen möglichen Podcasts als Interviewpartnerin eingeladen und zu jeden denkbaren Themen befragt. Ganz grob würde ich sagen, feministische Themen, oder Themen rund um Frauen, liegen ihr speziell am Herzen, aber das ist nur meine grobe Wahrnehmung. In Findungen nun portraitiert sie einige der großen weiblichen Denkerinnen und Wissenschaftlerinnen der westlichen Hemisphäre der letzten paar Jahrhunderte. Und zwar bevorzugt Ladies, die man – ich! – nicht wirklich kennt, oder wenn, dann nur vom Namen her. Witzigerweise beginnt sie das Buch dann aber 1617 mit einem Mann, nämlich Johannes Kepler 😊. Ok, es geht dann aber des Weiteren tatsächlich um hauptsächlich um die Damen: Maria Mitchell (geb. 1818, US-Astronomin), Mary Somerville (geb. 1718, schottische Astronomin), Margaret Fuller (geb. 1810, US-Schriftstellerin und Journalistin), Virginia Woolf, Emily Dickinson, Elizabeth Peabody (geb. 1804, US-Pädagogin) – um einige zu nennen. Jetzt schreibt Popova aber keine Biografien, sondern stellt die Damen vor: in ihren Familien- und Lebens- und Beziehungsgeflechten, stellt sie in Zusammenhang mit den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten, und zieht permanente Querverbindungen. Und zwar stellt sie Verbindungen sowohl zwischen den einzelnen Charakteren als auch ihren eigenen Gedanken und Wertungen dazu. Und das macht das Ganze für mich echt schwierig. Permanent begegnet man Popovas Vorstellungen, Imaginationen und Interpretationen. Und für mein Gefühl hüpft sie wirklich von einer Person zu anderen und wieder zurück. Ich fand es unglaublich schwer, hier an der Lektüre dran zu bleiben, mir hat der rote Faden gefehlt, und ich habe mich echt durchgequält. Und irgendwann habe ich aufgehört – mich hat das nicht mehr interessiert, was die Autorin sich gedacht und gefunden hat. Das ist echt schade, denn der Schreibstil an sich ist flüssig und recht gefällig, aber mir war das zu wirr. Auch innerhalb der jeweiligen Biografien (die es so eigentlich auch nicht gibt, aufgrund der vielen Querverbindungen) ist nichts wirklich chronologisch. Von der frühesten Kindheitsgeschichte geht’s hoppdihopp in eine 20 Jahre spätere Zukunft und wieder retour. Also mir hat das nichts gebracht – keine neuen Erkenntnisse, keine Findungen.
Für mich war eigentlich das größte Problem, dass die Autorin permanent ein paar Fakten über die Wissenschaftlerinnen mit ihrer persönlichen Meinung und Interpretation zusammengemixt hat. Und sich dann Begegnungen zwischen den Figuren erdacht hat und diese dann romanartig verwoben zu Papier brachte. Das sagt sie ja auch klar heraus, z Bsp. ganz am Anfang bei Kepler: „So stelle ich es mir vor“. Ja nun. Dann soll sie einen Roman schreiben. Aber das hier soll explizit ein Sachbuch sein (soll! Ist es aber nicht. Für mich ist das eine Art Mega-Essay).
Also, ja, hier gibt es einige interessante Fakten zu entdecken aus Zeiten, in denen es Frauen schwer hatten, Gehör zu finden, und es ist toll, dass diese Frauen auch bekannt gemacht werden. Aber sorry, dass hier ist für mich nur ein wilder Mix, der mit Biografien, wissenschaftlichen Darstellungen und seriöser Vermittlung von Information für mich nicht mehr wirklich viel zu tun hat. Ich habe hier wahrscheinlich auch das Luxusproblem, ich habe Geisteswissenschaften vor 30 Jahren studiert, und ich kann aus sowas hier keinen Mehrwert ziehen.
Witzigerweise scheiden sich an diesem Werk die Geister. In unserem Lesekreis ist die Hälfte der Mitglieder komplett begeistert, fühlen sich geistig genährt und lieben das Buch – und die andere Hälfte kann wie ich nichts damit anfangen. Also was soll ich sagen, hier sollte ein potentieller Leser sich eine Leseprobe runterladen, bevor der dicke Wälzer gekauft wird.
Ich kürze ab: das war nicht meins.
Ich bedanke mich recht herzlich beim Diogenesverlag für das Rezensionsexemplar. Ich bin mir sicher, es wird hierzu von meinen Lesekreismitleserinnen eine Menge 5-Sterne-Rezis geben, ich kann mich aber zu max. 2 Stück hinreißen.