von Chanel Cleeton

Erschienen 2021 bei Berkley New York

Link zum Buch

Zum Jahresende habe ich nochmal ein Lesehighlight gefunden: The Last Train to Key West ist eine Neuerscheinung einer meiner Lieblingsautorinnen Ms Cleeton, und sie entführt die Leser erneut Richtung Kuba, respektive Florida. Der Roman spielt 1935 auf den Keys vor dem Hintergrund des Hurrikanes, der dort zum Labour Day Wochenende enorme Verwüstungen anstellte. Dieser Sturm wird als der stärkste in der Geschichte der Florida Keys bezeichnet, und gibt dem Roman die historische Kulisse.

Wir haben drei Protagonistinnen, also drei Erzählstränge, und die drei Damen treffen zu besagtem Feiertagswochenende aufeinander, bzw, ihre Leben streifen sich, und zwar teils sehr nachhaltig. Diesen erzählerischen Kniff bin ich in den letzten paar Jahren oft begegnet, das scheint schriftstellerisch ein wenig en vogue zu sein, und hier ist das miteinander-Verflechten von Geschichten ganz unterschiedlicher Charaktere aber ausnehmend gut gelungen.

Da gibt es Helen Berner: sie ist Mitte 20, hochschwanger, Kellnerin in einem Lokal in Key West, und unglücklich gefangen in einer Ehe voller häuslicher Gewalt. Für sie ist Key West nicht das touristische  Paradies, sondern ein Gefängnis, dem sie entkommen will.

Dann haben wir Mirta Perez, neuverheiratete Mrs Anthony Cordero, die auf Key West in den Flitterwochen ist (und wer jetzt hier aufhorcht, ja, Mirta kommt aus der Perez-Familie aus Havana, um die sich bereits einige andere Bücher der Autorin drehen; ich fand diese Konnotation sehr nett, auch wenn die anderen Bücher überhaupt nicht story-relevant für das Verständnis von diesem hier sind). Mirta ist mehr oder weniger von ihrem Vater an ihren neuen Ehemann verschachert worden, nichtsdestotrotz nähert sich das ungleiche Paar einander an….

Und dann ist da noch Elizabeth Preston, die aus New York zu den Keys flüchtet – ihr droht eine aus finanziellen Gründen anstehende Hochzeit mit einem New Yorker Mafiaboss, und sie hofft, in einem der Veteranencamps auf den Keys ihren Bruder zu finden, von dem sie sich Hilfe erhofft.

Helen, Mirta und Elizabeth erzählen abwechselnd aus ihrem Leben und von den Ereignissen an diesem Wochenende, das ihrer aller Leben verändern soll. Und so dramatisch und auch traumatisch die Ereignisse rund um den Hurrikan auch sind, so werden alle Protagonistinnen doch am Ende wissen, was sie von ihrem Leben wollen – und was sie auch bereit sind, dafür zu riskieren.

Soviel zum Inhalt. Und jetzt fang ich an zu schwärmen: das war so mitreissend, so dramatisch, so spannend, und so emotional, ich war die ganze Zeit live dabei und es war toll. Ganz grosses Kino. Ms Cleetons Romane sind alle historisch super recherchiert, und da die Autorin in Florida aufgewachsen ist, kamen natürlich auch die Beschreibungen der Örtlichkeiten super rüber. Das bin ich ja so von ihr gewohnt, und dieses Buch ist für mich persönlich ihr bestes bislang. Es gibt Liebe, Dramatik, und drei tolle Hauptdarstellerinnen, die ihr Lebensglück in die Hand nehmen, es ist alles dabei, um den Leser mitzunehmen.

Das Buch war fast schon zu kurz – nur knappe 300 Seiten lang. Andererseits, ich hab es auf Englisch gelesen, das ist nicht meine Muttersprache, da brauche ich länger für – das Lesevergnügen war also nachhaltiger 😉.

Meine Ausgabe hatte im Anhang übrigens noch einen „Readers Guide“, sowas kenne ich nur aus englischen Büchern, und das finde ich immer ganz nett: das sind in diesem Falle 12 Fragen zum Roman, zum gesellschaftspolitischen Hintergrund, zur freien Interpretation; kann man z Bsp verwenden, wenn man das Buch in Lesezirkeln liest. Und je nachdem, wie diese Fragen vom jeweiligen Autor formuliert werden, kann man immer auch erahnen, wo der Fokus des Lesers hin soll. Find ich ganz spannend, sowas kennen wir im deutschen Leseraum ja nicht. Während ich beim Lesen des Romans beispielsweise die Grosse Depression zwar durchaus als den grossen sozialpolitischen Hintergrund wahrgenommen habe, wurde mir am Ende beim „Readers Guide“ nochmal bewusst, dass die Great Depression für die Amerikaner enorm viel mehr Bedeutung hat als man das gemeinhin so meint. Das waren prägende Jahre, und speziell für die Frauen. Wahrscheinlich wird das Buch – auch wenn es „nur“ ein Unterhaltungsroman ist – vom amerikanischem Publikum etwas anders aufgenommen.

Egal wie: das war definitiv eines der besten Bücher, die ich 2021 gelesen habe!

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