von Simona Wernicke

erschienen 2025 bei Gmeiner

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534 Seiten fasst dieser Familienroman, und er hat mich von der ersten an gepackt. Wir begleiten hier die junge Clara, die in der brandenburgischen Provinz aufwächst. Ihre Familie hat Landwirtschaft, sie sind nicht arm, aber auch nicht wirklich wohlhabend, und Clara möchte raus aus der Provinz. So nimmt sie Ende der 20er die Chance wahr und zieht zur Tante nach Berlin, um dort ein neues Leben zu beginnen. Das Berliner Leben ist hart, aber Clara ist jung und motiviert, und sie findet dort die Liebe ihres Lebens – den feschen Friseur Otto, und gemeinsam betreiben sie einen Friseursalon und gründen eine Familie. Es könnte alles wunderbar sein, doch dann kommt der Krieg, und wie der Klappentext schon sagt (und ganz nebenbei, endlich mal wieder ein gescheiter Klappentext, der was über den Buchinhalt aussagt und nicht nur irgendwelche generalisierten Meinungen von Kritikern wiedergibt, die ich eh nicht kenne…!), muss Clara plötzlich alleine klarkommen mit Geschäft und Kindern zu Zeiten, in denen Berlin im Bombenhagel versank…..während Otto eingezogen wird und erst einmal eine relativ entspannte Zeit als Friseur im Versorgungstrupp erleben darf, bevor auch für ihn schlimme Zeiten an der Front anbrechen…..

Wir begleiten Clara und Otto und ihre Familie bis weit in die Nachkriegszeit, und für mich war das eine wirklich spannende Familiensaga zu bewegenden Zeiten. Eigentlich ein Stück Zeitgeschichte, eingepackt in einen spannenden Familienroman. Schlimme Zeiten während des Krieges in Berlin; Clara und die Kinder flüchten zur Familie aufs Land, als die Versorgungslage zu prekär wird, und auch hier ist nicht alles eitel Sonnenschein…..

Ich habe gelesen, dass die Autorin in ihren Romanen einen Gutteil ihrer eigenen Familiengeschichte literarisch verarbeitet, und man merkt ihr die Liebe zu den Figuren an. Die Geschichte aller Beteiligten ist sehr emotional, und auch – finde ich – sehr realistisch beschrieben. Ich fühlte mich beim Lesen an viele Dinge erinnert, die ich selbst von meinen Großeltern und anderen Verwandten gehört habe: die Kinderlandverschickungen, die Bombenalarme, das Flüchten aus der Stadt heraus aufs Land, wo dann aber auch irgendwann alles knapp wurde und die Kinder immer und überall Essbares aufgelesen haben…..

Spannend fand ich auch Ottos Kriegserlebnisse. Ein junger Mann, der ohne Überzeugung in den Krieg zieht und von den Ereignissen überrollt wird. Der einfach nichts machen kann, außer mitmachen, denn Verweigern ist nicht. Der Anfangs heilfroh ist, im halbwegs friedlichem besetzten Paris fernab der Gewalt sein zu dürfen, und der irgendwann dennoch nicht mehr verschont bleibt. Ich hab hier echt mitgefühlt.

Und nach dem Krieg die Frage: wie geht man mit den gemachten Erfahrungen um? Was macht das mit einem? Okay, lest das Buch – sonst spoiler ich zu viel :-). Aber auch hier muss ich sagen, ich fand die Beschreibungen allesamt sehr realistisch. Heutzutage würde man wohl fast allen Charakteren eine Therapie anraten, damals – und das ist ja noch gar nicht so lange her – musste man einfach weitermachen.

Aber hey, das hört sich jetzt so extrem negativ an, der Roman hat durchaus auch immer wieder Positives: das Glück ist durchaus präsent; die Liebe ist präsent, und auch in schwierigen Zeiten ist das Leben lebenswert.

Ein Roman mit viel Tiefgang, sehr gut lesbar in einem flüssigem Stil.

Ich weiß nicht, ob das jetzt ein Roman für jedermann ist; ich glaube, die ganz jungen Leser und Leserinnen werden eventuell nicht viel hiermit anfangen können; aber für mich (ich bin Ü50), die ich aufgewachsen bin mit Eltern der ersten Nachkriegsgeneration, war das, ich wiederhole mich, sehr spannend. Ich fühlte mich an viele Dinge meiner eigenen (Familien)-Geschichte erinnert.

Richtig gute Story, sehr gut historisch recherchiert, authentische Charaktere – von mir gibt es volle Punktzahl hierfür!

Herzlichen Dank an den Gmeinerverlag für das Rezensionsexemplar!

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Über den Autor

Simona Wernicke wurde in Berlin geboren. Nach ihrem Fachschulstudium als Kindergärtnerin und kurzer Tätigkeit in diesem Beruf arbeitete sie dreißig Jahre im Berliner Verlag in den Redaktionen Berliner Kurier und Berliner Zeitung als Chefsekretärin und Redaktionsassistentin. Erst im Jahr 2019 packte sie das Schreibfieber, denn die lebhaften und emotionalen Erinnerungen ihrer Familie veranlassten sie zum Verfassen ihrer ergreifenden Familienromane, die ein Stück deutsche Geschichte widerspiegeln.

(entnommen Amazon.de)

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