von Tess Bentley
erschienen bei Leifman Books (16. Oktober 2023)
Englischer Klappentext: „Trapped in an emotionally abusive marriage, thirty-six-year-old modern woman Vale is depressed. She longs for a happier life for herself and her two children.
Everything changes when she meets John Emberley, who presents himself as a distant relative but forces Vale back to his Victorian England with magic. Escaping into the English countryside, she finds an ally, Edward Emberley, master of Avenhurst Manor, who informs her she belongs to a cursed family of landed gentry and is eighteen again.
As she adjusts to the Victorian life, she struggles to overcome the pain of being separated in time from her children. But as she gets to know Edward, she realizes he may be much more than a friend-and even a chance to get her son and daughter back. But if she is to get her dream of the man she deserves and the children she misses, she must be ready to face not just her own inner turmoil, but the dark forces, old curses and buried secrets that lie hidden in the tranquil Victorian countryside.“
Ich fand den Klappentext ganz spannend und vielversprechend: die 36jährige Kalifornierin Vale, Mutter zweier Kinder, ist in ihrer Ehe unglücklich, und just als sie für sich entscheidet, einen Neuanfang zu wagen, passiert das Unglaubliche: ein mysteriöser Verwandter entschwindet mit ihr ins viktorianische Zeitalter und Vale findet sich 150 Jahre in der Vergangenheit wieder, auf dem englischen Landsitz Avenhurst Manor. Augenscheinlich stand gerade sie im Mittelpunkt eines Fluches, und wurde nun zurückgeholt. Sprich, dies sei die Zeit, in die sie eigentlich gehört – und das auch noch in ihrem 18jährigem Körper.
Fand ich eine coole Idee, ist ein spannender Ausgangspunkt für eine Zeitreise-Geschichte, und das viktorianische Zeitalter finde ich auch per se eine interessante Ära. Also: das Buch musste ich lesen.
Und jetzt muss ich sagen, diese Ausgangsszenerie war auch schon das Beste an der ganzen Story. Ich bin mit Vale nullkommanull warm geworden, und für mich hatte der Roman sehr viele Längen. Ich versuche, dass mal ein wenig näher zu erklären. Wir haben hier eine moderne Frau aus dem 21. Jahrhundert, die urplötzlich durch die Zeit geworfen wird, und was macht sie? Ist geschockt und heult erst mal eine Runde. Und da zumindest ein Teil der neuen Familie nett wirkt, bleibt sie spontan auch bei den Netten und lässt sich ohne viel Theater auf das neue Dasein ein. Vale neigt zu Depressionen und Angstzuständen, das ist eine Seite an ihr, die sie selbst auch (by the way, die ganze Geschichte ist aus Vales Ich-Perspektive erzählt) thematisiert. Das sieht dann so aus, dass sie gerne tagelang kaum das Bett verlässt und sich in die Schwermütigkeit ergibt und dem Verlust ihrer Kinder nachtrauert. Und anstatt sich vielleicht irgendwie zu überlegen, wie sie wieder zurück in ihre Zeit kommt (ein Gedanke, der im ganzen Buch kein einziges mal gemacht wurde), ergibt sich Vale in diese Trauer. Und versucht, im neuen Leben klarzukommen.
Ich muss sagen, das hat mich echt getriggert. Die Lady hat alles mehr oder weniger akzeptiert und sich einfach nur angepasst. Ich weiß nicht, vielleicht würden die meisten Leute tatsächlich so nicht-agieren, aber in einem Roman erwarte ich von der Hauptperson eigentlich ein bissle mehr Aktivität.
Und noch was hat mich schwer geärgert, und zwar Vales problemlose Akzeptanz der Rolle der Frau. In der viktorianischen Gesellschaft hatte die Frau kaum Rechte, und ohne jetzt irgendeine Gleichberechtigungsdebatte anzufeuern fand ich es schwer verständlich wie eine moderne Amerikanerin sich so fraglos darin einfinden kann. Nein, mehr noch, die zarte junge Neu-18jährige begibt sich sehr gerne in den Schutz starker Männer. Denn Frauen brauchen ja Schutz. Und das sind jetzt nicht meine Worte! Ich muss sagen, das passte für mich gar nicht – wie hat die Dame mit dieser Einstellung 36 Jahre in Kalifornien leben können?
Ja, ich habe die ersten 2/3 des Romans mehr oder weniger kopfschüttelnd verbracht, und schon überlegt, ob ich das Buch abbreche, aber dann kam noch mal eine Lovestory, die mich für ein paar weitere Seiten bei der Stange gehalten hat. Der Klappentext deutet es ja schon an, und ich spoilere jetzt mal, Vale und Edward, Herr von Avenhurst Manor, sollen sich verlieben. Und nein, es ist keine gewöhnliche Romanze, es ist DIE once-in-a-lifetime-Lovestory, mit Gefühlen, die nicht grösser und poetischer sein könnten. Und damit hat mich die Geschichte dann endgültig verloren, das war mir zu viel der rosaroten Emotionen, das hätte ich vielleicht in meinen Teenie Zeiten so lesen wollen, aber mit U50 bin ich da echt draußen gewesen.
Die letzten 50 Seiten habe ich nur noch quergelesen. Kam aber kein Knaller mehr.
Der Erzählstil war übrigens gut, das Buch lies sich flüssig lesen, und das hat mich auch so lange bei der Stange gehalten.
Ich bin ein bissle unschlüssig, ich habe gerade andere Rezensionen hierzu gelesen, andere Leser feiern das Buch durchaus, vor allem auch ob der authentischen viktorianischen Atmosphäre. Ja, das Setting ist perfekt getroffen, der Punkt geht an die Autorin. Allerdings ist ja jede Rezension im Endeffekt eine zutiefst subjektive Meinung, und mich hat der Roman nicht erreicht.
Vielen Dank trotzdem an Netgalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar.