von Flynn Berry

Erschienen 2021 bei Weidenfeld & Nicolson, UK

Link zum Buch

„Northern Spy“ war das Aprilbuch von Reese’s Book Club (reesesbookclub.com), dem Online Buchclub von Reese Witherspoon, dem ich auf Instagram verfolge und hin und wieder dort mal mitlese. Die Buchauswahl dort ist (fast!) immer klasse; es werden nur weibliche und oftmals zumindest hierzulande unbekannte Autorinnen „gefeatured“, und ich habe schon so einige neue Lieblingsautorinnen hierdurch kennengelernt. Die Bücher sind fast alle (noch?) nicht auf deutsch erschienen, aber ich versuche ja immer, durch meine deutschen Rezensionen vielleicht mal jemand zu animieren, auch mal ein englisches Original zu lesen. Es lohnt sich!

Northern Spy nun spielt in Belfast, und wir sind mitten im IRA Konflikt. Die Zeit: irgendwann in den 2010er Jahren. So richtig wird das Jahr nie definiert, aber 10er kommt hin. Die Ich-Erzählerin Tessa ist in den 90ern gross geworden, und arbeitet jetzt in der BBC Zentrale in Belfast in der Nachrichtenredaktion. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Marian hat ihre alleinerziehende Mutter sie in einem erzkatholischen Belfaster Vorort aufgezogen, einem Arbeiterviertel, in dem die IRA das Sagen hat, und der Nordirlandkonflikt die bittere tägliche Realität ist. Tessa ist ein paar Ecken aufgestiegen, sie wohnt in einem friedlicherem Viertel, und Frieden ist auch das, was sie sich für ihren neugeborenen Sohn wünscht. Ihr Leben ist nicht fantastisch over the top, ihr Ex-Mann hat sie noch während der Schwangerschaft verlassen, aber sie haben ein freundschaftliches Verhältnis, und im Grossen und Ganzen ist Tessa zufrieden. Bis sie eines Tages in ihrer Nachrichtenredaktion sitzt und auf dem Bildschirm live ein IRA Überfall gezeigt wird, und ihre Schwester Marian übergross zu sehen ist, wie sie sich gerade eine schwarze Skimaske überzieht und eine Waffe in der Hand hält. Tessa ist entsetzt, glaubt an eine Entführung ihrer Schwester, und geht zur Polizei. Leider stellt sich heraus, dass Marian sich tatsächlich den Terroristen angeschlossen hat, und zwar schon länger…..und als Doppelagentin fungiert. Und mit einer mörderischen Bitte an Tessa herantritt. Und wie der Klappentext verrät: Tessa muss sich nun entscheiden, ob sie ihre Ideale wählt oder ihre Familie; ob sie den Konflikt weiterhin nur als Aussenstehende beobachten will oder aktiv etwas tut. Und egal, wie sie sich entscheiden wird, die Liebe zu Ihrem Sohn geht ihr hierbei über alles…..

Ja, spannende Situation, spannender Plot. Fängt relativ gemächlich an, die Geschichte, und nimmt dann aber echt gut an Fahr auf. Und als Leser erhält man nebenbei einen interessanten Einblick in das Leben in Nordirland. Der IRA-Konflikt ist dort (oder war es zumindest in den 10er Jahren) lebendig wie eh und jeh. Kriegt man ausserhalb von UK gar nicht so mit, das ist zumindest mein persönlicher Eindruck, aber nachdem ich das Buch gelesen habe würde ich sagen, das ist dort lebendiger Alltag. Bomben explodieren öfters mal in den Strassen, und die IRA scheint wie die Mafia allgegenwärtig. Sehr krass, mir war das nicht bewusst. Bzw. ich muss noch mal korrigieren, bis vor ein paar Jahren muss das wohl so gewesen sein. Ich habe mittlerweile ein paar Rezensionen irischer Leserinnen zu dem Buch gelesen, die unisono kritisieren, die Lage sei extrem besser geworden und das Buch vermittele ein Bild vergangener Jahre. Ok. Das sollte man im Hinterkopf behalten.  

Ich fand das Buch auch sehr emotional. Tessa hat eine sehr enge Beziehung mit ihrer Schwester, und es macht sie fertig, dass diese so lange ein Doppelleben führte, von dem sie keine Ahnung hat. Und es macht sie fertig, dass sie einen Weg finden muss, ihren Sohn zu beschützen. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen, ich habe sehr mitgefiebert.

Ein intelligenter Spionagethriller, der mal so ganz anders aus der Sicht einer Person erzählt wurde, die eigentlich am liebsten mit dem ganzem Terror gar nichts zu tun haben will und so völlig aus ihrem normalen Leben gerissen wird.

Das Ende, bzw die letzten Kapitel, fand ich ein bischen arg flott, hier haben sich die Ereignisse ein wenig überstürzt, so als ob die Autorin das Buch nun aber auch mal zu einem Ende bringen wollte, das hätte für mich durchaus noch ein wenig mehr Ausführlichkeit haben können; aber gut, das sind Kleinigkeiten.

Mein Fazit: Mir hat das Buch sehr gut gefallen. War für mich als Nicht-Muttersprachlerin sehr gut und flüssig lesbar, ich fand es durchweg spannend. Alle Daumen hoch!

Ach, und noch ein Extra: Es gibt eine Playlist zu dem Buch auf Spotify, mit Songs irischer Musiker, siehe hier: Spotify – Inspired by Northern Spy . Perfekte musikalische Begleitung mit U2, Nina Simone, The Cranberries etc!!

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