von Renita D’Silva

erschienen bei Boldwood Books (12. August 2024)

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Hier habe ich spontan zugegriffen, weil ich den Klappentext spannend fand: eine indische Prinzessin, die im 2. Weltkrieg in der britischen Spionageabwehr arbeitet, das klang gut. Plus natürlich romantische Verwicklungen, klang noch besser. Ich muss sagen, die Story war fesselnd, aber irgendwie doch was komplett anderes als erwartet. Ich versuch das mal, etwas aufzudröseln. Die Hauptfigur ist Rani, und sie ist nicht wirklich die klassische indische Prinzessin der letzten indischen kolonialen Tage. Ihre Mutter ist eine deutsche Jüdin, ihr Vater der abtrünnige Kronprinz eines indischen Kleinstaates, der eher eine marxistische Weltauffassung hat, und dementsprechend jahrelang mit seiner Frau und den beiden Kindern in Europa ein unkonventionelles Leben führt. Was natürlich nur geht, weil a, er viel Geld hat, und b, sie auch – Ranis Mama entstammt einer reichen Juwelierfamilie. Entsprechend genießt Rani auch als Mädchen sehr viel Freiheit und Bildung. Damit ist irgendwann Feierabend, als Papa Raj entschließt, wieder nach Indien zu siedeln, und die schwere Bürde eines indischen Regenten anzunehmen. Der alte König liegt im Sterben, und plötzlich ändert sich Ranis Leben um 360 Grad, denn sie findet sich nun nicht mehr auf dem Weg zur Universität, sondern in den Mauern der Zenana, den Frauengemächern des Palastes wieder…..Mit diesen Schilderungen beschäftigt sich gut das erste Drittel des Romans, und das fand ich unerwartet spannend und – ja, generell hätte ich das so nach dem Klappentext nicht erwartet. In Indien selbst kann sich Rani mit ihrem Schicksal und dem Verlust ihrer Freiheit nicht abfinden, vor allem, als sie sich in Prasad verliebt……

Okay, ich spoiler mal nicht zuviel, es wird dramatisch, und Rani schafft es, von Hof und Familie verbannt zu werden und nach Cambridge ins Exil gesendet zu werden. Da wollte sie ja ursprünglich hin – aber eigentlich nicht auf diese Art und Weise. Ihr Herz ist gebrochen, und es braucht lange Jahre, bis Rani wieder zu sich findet und eine neue Liebe auftaucht – und just in diesem Moment holen sie die Schatten der Vergangenheit auch wieder ein und es kommt zu einem emotionalem Showdown….

Auf einer anderen Zeitebene sind wir übrigens bei Esme, wie sich herausstellt, Ranis Tochter, die mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat, und die Geschichte entfaltet sich peu a peu, wenn Esme in der Vergangenheit forscht, respektive wenn Rani aus ihrer Ich-Perspektive ihr Leben erzählt.

Also man sieht, der Teil, in dem Rani in Bletchley im Geheimdienst arbeitet, macht eigentlich nicht so viel aus im Roman. Ja, es sind prägende Jahre für Rani, aber es geht hier in diesem Roman nicht so sehr um Abenteuermissionen im Kriege, sondern es geht um Ranis dramatisches Leben, um ihre emotionale Entwicklung, und darum, wie sich Traumen noch mindestens eine Generation weiter tragen. Das habe ich so nicht erwartet, aber wie schon gesagt, egal, die Geschichte war spannend und gut geschrieben. Hat sich extrem gut lesen lassen, und ich konnte vor allem mit Esme mitfühlen und -fiebern . Der Roman hat durchaus eine interessante psychologische Komponente.

Ich tu mich trotz allem etwas schwer damit, das Buch zu beurteilen. Ja, die Story hat mich durchaus mitgerissen, und die Autorin weiß spannend zu schreiben. Andererseits fand ich einiges doch etwas unrealistisch. Dieser komplette change, als die Familie zurück nach Indien ging: Über 10 Jahre ein Bohemeleben führend, sich über alles gesellschaftlichen Grenzen hinwegsetzen, seiner Tochter mehr Bildung angedeihen zu lassen, als die meisten europäischen Mädels in den 20er / 30er Jahren so hatten, um dann eine komplette Kehrtwende hinzulegen und Mama und Tochter in Frauengemächer einzuschließen – naja. Ich weiß nicht. Dass der Schuss nach hinten losgeht, das war klar.

Ich fand auch einiges in Ranis Charakter nicht so wirklich stimmig, aber nun ja, nichtsdestotrotz, ich hab den Roman an einem Wochenende durchgelesen – einmal angefangen, musste ich wissen, wie es weitergeht!

Ich verteile 4 von 5 Sternen und bedanke mich beim Verlag für das Rezensionsexemplar!

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