von Lilja Sigurðardóttir

Untertitel: Ein Reykjavik-Krimi

Neuerscheinung 2020 im Dumont Verlag

Sonja ist geschieden, Mutter eines 9jährigen Sohnes und hat das Sorgerecht verloren. Finanziell steht ihr das Wasser bis zum Halse, und ihre Beziehung zu Agla, ehedem hochrangige Bankerin, aktuell Beschuldigte in einem Wirtschaftsverbrechen erster Güte, steht auf sehr wackeligen Füssen. Da kommt ihr das gutgemeinte Angebot eines Anwalts gelegen, der ihr gegen Botengänge gutes Geld verspricht. Natürlich geht es um Drogen, und Sonja merkt zu spät, dass sie in eine Falle getappt ist, aus der sie schwer wieder heraus kommen kann. Ihre Probleme explodieren, als ihr Bragi, Zollbeamter am Reykjaviker Flughafen, auf die Schliche kommt und sein eigenes Spiel spielen will…

„Das Netz“ ist als Titel brilliant gewählt, denn verschiedene Fäden spinnen sich rund um den europäischen Kokainschmuggel, und um den isländischen Finanzcrash, in den Agla als auch Sonjas dubioser Ex-Mann verwickelt sind. Im Zentrum des Netzes sitzt Sonja, die es aber schafft, nicht zum Opfer zu werden, sondern sich aus allen kriminellen Sümpfen zu befreien.

Ich war total gefesselt von diesem Thriller und habe ihn fast in einem Rutsch und einer sehr schlaflosen Nacht durchgelesen. Das Ausgangsthema hat mich schon gepackt: wie kommt eine Durchschnittsfrau dazu, sich als Kokainschmugglerin zu verdingen? Bei Sonja war es die Sorge um ihren Sohn – kein Geld, kein Zuhause, ergo kein Umgangsrecht, dass war ihr wunder Punkt. Und da sie ungewöhnlich clever ist, und unerwartet viel Erfolg im „neuen Job“ hat, wird sie bald für die Organisation immer wichtiger und schmuggelt immer grössere Mengen. Allein der Ausstieg aus dem organisiertem Verbrechen ist schwer bis gar nicht möglich. Ich war gepackt und fand die Schilderungen des Milieus extrem lebensecht. Ich habe mit Sonja mitgefiebert, und das, auch wenn sie manchmal nicht wirklich sympathische Züge an den Tag gelegt hat. Aber andererseits – wer solche Dinge als Zwangskriminelle mitmacht, der verliert einige Illusionen, und wird ohne eine gewisse Kaltschnäuzigkeit nicht lange überleben. Von daher: die Figuren sind sehr, sehr gut gezeichnet und realitsnah. Dass die Sprache sehr flüssig und der Roman von Seite 1 an rasant zu lesen war, muss ich nicht mehr erwähnen?

Spannend war auch der Einblick in den Finanzcrash und die Wirtschaftskriminalität, und interessant, wie die Autorin hier das Zusammenspiel zum organisiertem Verbrechen gewoben hat.

Ganz am Ende haben sich einige Dinge auf für mich unerwartete Weise gelöst. Sprich, der Spannungsbogen blieb bis ganz zum Schluss weit oben.

Und da es sich hier um den ersten Teil einer Trilogie handelt, ist eigentlich schon sicher: so happy ist das End vom ersten Band bestimmt nicht 😉!

Ich freue mich auf die nächsten Teile!

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