von June L. Shepard

erschienen 2024 bei 27 East Books

Link zum Buch

Der 4. Teil der Long-Island-Serie von Ms Shepard ist erschienen, und als mittlerweile erklärter Fan der Autorin musste ich das Buch natürlich lesen! Für alle, die diese Reihe noch nicht kennen, kurz ein paar Worte vorab. Ort des Geschehens ist die malerische Insel Long Island nahe gelegen New York, und wir haben hier immer einen speziellen Mix aus Krimi – Romance – Belletristik, untermalt mit sehr viel Lokalkolorit. Es gibt immer wieder neue Hauptakteure, sprich, wir sind hier nicht bei immer wieder ein und demselben Ermittlerteam oder derselben Cast, sondern jede Geschichte hat neue Hauptdarsteller, aber man trifft am Rande immer wieder auf die selben Namen. Kleinstadtleben halt – man kennt sich und trifft seine Nachbarn.

Die Handlung im neuen Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Einmal sind wir im August 1992, in Water Mill bei der Familie Lester. Der Familienvater verschwindet eines Abends spurlos, und kurz darauf verlässt die Ehefrau mit den drei kleinen Kindern die Insel. Erin, die 12jährige, wird somit von ihren 3 besten Freundinnen getrennt. Aber auch Adrienne und Elena verlassen Tage später die Stadt: von ihren Eltern in ein Internat geschickt, bleibt nur noch Ann auf Long Island zurück und versteht die Welt die nicht mehr.

Die zweite Handlungsebene findet 2018 statt, und wir sind ebenfalls in Water Mill. Ann ist mittlerweile erfolgreiche selbständige Gartenbauerin und hat ein neues Großprojekt für die frisch zugezogene New Yorkerin Darcy laufen. Als sie eine Bewässerungsanlage einrichten will, findet sie in einem alten Brunnenschacht ein Skelett…..keine neue Leiche, keines natürlichen Todes gestorben….und die lokale Polizei beginnt in diesem cold case hartnäckig zu ermitteln. Und peu a peu kommen alte, längst vergrabene Familiendramen wieder ans Tageslicht, und Ann und ihre alten Freundinnen müssen sich Geistern der Vergangenheit stellen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von den diversen Protagonistinnen erzählt, abwechselnd von den beiden Zeitebenen aus, die sich aber unaufhörlich zueinander zu bewegen, und es gibt auch Einschübe aus einer auktorialen Erzählebene heraus. Klingt verwirrend? Ist es aber erstaunlicherweise nicht. Die Autorin versteht es, hieraus einen wunderbar stimmigen erzählerischen Tonfall zu entwickeln. Wenn aus einer Ich-Perspektive erzählt wird, steht der Name der erzählenden Person fettgedruckt am Kapitelanfang, und natürlich steht auch immer dabei, an welchem Ort und in welchem Jahr wir gerade sind.

Ja, wie immer bei Krimis und Romance kann man nicht zu viel verraten, ohne zu spoilern, aber ich glaube, man kann es sich schon denken, wie im Groben der Zusammenhang zwischen den zeitlichen Ebenen ausschaut, und eines der zentralen Themen hier ist häusliche Gewalt. Das Thema ist immer sehr brisant, und das Buch kam jetzt gerade zu einem Zeitpunkt heraus, in dem es medial generell größere Aufmerksamkeit erfährt (internationale Tage etc.), und ich finde die Herangehensweise der Autorin bemerkenswert. Der Täter ist – typischerweise – der Vater, aber die Kinder und die Ehefrau stellen sich ihm bemerkenswert entgegen, wenn auch tragischerweise oftmals erfolglos. Aber immerhin: hier sind die Frauen und Töchter nicht die klassischen Opfer, hier gibt es kein Klischee, hier stehen Frauen, die sich ihr Selbstbewusstsein trotz allem nicht kaputt machen lassen. Fand ich wie gesagt sehr bemerkenswert, hat mir extrem gut gefallen.

Überhaupt die weiblichen Protagonistinnen: starke Frauen, wo man hinschaut. Und ebenso starke Männer, die damit umgehen können. Sofern es denn dazugehörige Männer gibt, denn die Lovestories in Ms Shepards Romanen sind zum größten Teil lesbische Lovestories, die sie mit Einfühlungsvermögen und einer sehr coolen Selbstverständlichkeit beschreibt, die ich ebenfalls bemerkenswert finde. Sollte sowieso so sein, ist klar.

Und noch was, wenn ich gerade beim Thema starke Frauen bin: die Hauptdarstellerinnen in den Long Island-Romanen sind allesamt erwachsene, gestandene Frauen, meist Ende 30. Also Ladies, mit denen man sich identifizieren kann, ob hetero- oder homosexuell, egal. Wir haben hier immer Dramatik, Emotionen, Liebe und Freundschaft, aber niemals YA-Klischees. Ich liebe es 🙂

Ja, was gibt es sonst noch hier zu sagen? Ich habe mit Interesse und Grinsen im Gesicht wieder Neues von der Polizeichefin Violett gelesen, die jetzt fest liiert mit dem Kollegen John Malkovich (yes!) ist, und weiterhin ihre Leute antreibt, hahaha, und langsam überlege ich, dass ich echt mal in den Hamptons Urlaub machen müsste 🙂

Mein Fazit: Das waren wieder 500 Seiten Spannung und Lesevergnügen, ich bin durch die Seiten geflogen und die Geschichte hat mich komplett abgeholt. Lesetipp!

Vielen Dank an den 27 East Books Verlag für das wunderbare Rezensionsexemplar!

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