von Laetitia Colombani

 

Neuerscheinung 2020 im S. Fischer Verlag

Das Haus der Frauen, das ist das real existierende Palais de la Femme in Paris, eines der grössten europäischen Wohnheime für Frauen.  Gründerin des Wohnheimes war in den 1920er Jahren Blanche Peyron, Kommissärin der Heilsarmee, die gemeinsam mit ihrem Mann Gelder in Millionenhöhe gesammelt hat und nach einem aufwändigem Umbau das Palais eröffnet hat, das mit über 700 Zimmern vielen obdachlosen Frauen eine Rettung ist.

Laetitia Colombani hat die Lebensgeschichte von Blanche Peyron in ihrem neuen Roman literarisch verarbeitet und den besonderen Fokus hierbei auf die Entstehung des Palastes für Frauen gelegt. Der Roman spielt in Paris auf zwei zeitlichen Ebenen: abwechselnd sind wir bei Blanche und zu Beginn des letzten Jahrhunderts, und dann wieder bei Solene, der zweiten Hauptfigur im Roman, im heutigen Paris. Solene ist Anfang 40, erfolgreiche Anwältin, und völligst im Burn Out gelandet. Nachdem einer ihrer Mandaten Selbstmord verübt hat, fällt sie in tiefe Depressionen und muss sich eine Auszeit nehmen. Ihr Therapeut schlägt ihr ehrenamtliche Arbeit vor, und so landet Solene als Schreiberin im Palast der Frauen. Einmal die Woche hilft sie den Bewohnerinnen dabei, amtliche und auch private Schreiben zu verfassen, und was als Therapie für ihre eigenen Probleme gedacht war, öffnet Solene die Augen für die Probleme anderer – und womit sie nicht gerechnet hat, sie hat Freude am Helfen und entdeckt auch ihre Freude am Schreiben wieder. Sie entdeckt sich selbst wieder, und entdeckt das Leben wieder.

So verbinden sich die beiden Erzählstränge und kommen im Haus der Frauen zusammen. Solene und Blanche könnten beide nicht unterschiedlicher sein, doch es sind beide starke Frauen, die sich stark machen für diejenigen, die das Schicksal hart getroffen hat. Und das ist ein weiterer Erzählstrang: Die Geschichte all der Frauen, die arm, gedemütigt, geprügelt, auf der Flucht, vergewaltigt etc sind und ein Dach über dem Kopf brauchen. Die Autorin spart nicht mit schockierenden Zahlen und Statistiken. Frauen sind immer die ersten, die vom Prekariat betroffen sind, und dieses Buch ist ein Augenöffner.

Dies ist nicht nur die Geschichte von Blanche, Solene und den Frauen im Palast, sondern auch eine Geschichte um Mitgefühl und Menschlichkeit.

Und liest sich zudem sehr flüssig weg, ohne erhobenen Zeigefinger, mit Figuren, die grosses identifikationspotential haben. Der Roman ist recht kurz, knappe 200 Seiten, aber kommt mit Tiefe und Wucht daher. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

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