von  Walter Roth

Neuerscheinung 2020 im hansanord Verlag

Erinnert sich noch jemand an den Mordfall der 27jährigen Joggerin Carolin G. aus dem November 2016? Das Verbrechen wurde im idyllischen Kaiserstuhl am hellichten Tage begangen  und hat bundesweit Aufsehen erregt. 3 Wochen vorher wurde in der Nähe in Freiburg eine  junge Frau ähnlich brutal ermordet, und nochmal ein paar Jahre vorher gab es einen weiteren Mord im östereichischem Kufstein, der ebenfalls ähnlich gelagert war.

Ich erinnere mich tatsächlich an diese Verbrechen, bzw. an die damalige Berichterstattungen, da ich selber gerne oft und alleine joggen gehe, und der Mord an Carolin G. bei uns in der Familie diskutiert wurde.

Walter Roth, der Autor dieses Buches, ist Polizeisprecher und war von Anbeginn direkt in die Ermittlungen damals involviert, und hat ein packendes Buch darüber geschrieben. Es handelt sich hierbei nicht um einen Roman, sondern es ist ein Tatsachenbericht, der dokumentiert, was damals genau passierte, und wie die Polizei es schliesslich nach monatelanger, akribischer Ermittlungsarbeit es geschafft hat, den Mordfall zu klären (und nebenbei bemerkt, es sind mittlerweile alle 3 o.g. Verbrechen aufgeklärt worden).  Der Bericht ist authentisch und macht klar, wie mühsam polizeiliche Ermittlungsarbeiten in der Realität ablaufen, und wieviel im Hintergrund passiert, wovon man als normaler Bürger überhaupt nichts mitbekommt. Meine erste Überraschung war schon mal, dass eine normale SoKo (Sonderkommission) aus mindestens 40 Leuten besteht (der geneigte Krimigucker und -leser geht ja immer davon aus, 4-5 Leute wuppen sowas), die zum grössten Teil super detaillierte und umfangreiche Recherche und Materialabgleiche jeglicher Art leisten. Wenn im TV-Krimi  Verkehrsdaten aus Videoüberwachungen ausgewertet werden, sieht das immer aus, als ob das kein Problem wäre – nun, in der Realität werden dann schon mal 43.000 (!!!) Datensätze vom verbechensrelevanten Grenzverkehr ausgewertet, um dann 8504 LKW‘s herauszufischen, und dann den einen zu finden, der wichtig. Unfassbar, oder? Aber nur so geht’s. Und das dauert halt. Und dafür braucht es motivierte Polizisten. Die dann am Ende mit der Spur Nr. 4334 einen Volltreffer landen….aber bitte: lest selbst, welche Spur das schlussendlich war!

Aber Roth beeindruckt nicht nur durch schnöde Zahlen, sondern er schafft es, einen wirklich spannenden, lebendigen Bericht der Arbeit der SoKo Erle zu schreiben, der mich mitgerissen hat wie ein Thriller. Schockierend, weil real. Und Roth hat trotz allem Humor: wenn er Unterhaltungen mit Zeugen und Presse wiedergibt, musste ich oftmals grinsen. Denn die Polizei geht jeder Spur nach, auch wenn sie von Heilern oder übersinnlichen Sehern und Medien kommt, die das Ergebnis ihrer bizarren Seancen der SoKo als den ultimativen Tipp verkaufen.

Dieses Buch ist autorisiert von der Familie Carolins, sowie von allen polizeilichen Stellen, die in die Ermittlungen involviert waren, und ich kann nur sagen, es ist lesenswert.

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