von Sophie Villard

erschienen im Penguin Verlag; Originalausgabe Edition (12. April 2023)

Link zum Buch

„Der Roman über eine starke und inspirierende Frau im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts – gefühlvoll und hochdramatisch“ sagt der Verlag, und ich mag ja gerne starke Heldinnen, vor allem, wenn es sich um eine historische Persönlichkeit handelt, deren Leben in Romanform mir nahegebracht wird. Also – mein Interesse war geweckt, und ich sage es vorab: das Buch hat meine Erwartungen voll erfüllt, war wirklich gut!

Und hierum geht es: wir sind im Jahr 1886. In etwas mehr als 2 Jahren soll in Paris die Weltausstellung stattfinden, es ist DAS Groß-Event, auf das man hin fiebert, und Gustave Eiffel mit seinem Ingenieursbüro hat die wichtigste Ausschreibung gewonnen. Seine Firma wird den höchsten Turm der Welt bauen, ein Gebilde aus Stahl, das mitten in der Stadt auf über 300 Metern die Weltausstellung bereichern soll. Noch niemals hat es jemand gewagt, ein solches Gebilde zu errichten, doch die Familie Eiffel tut es. Und ja, es ist die gesamte Familie. Tochter Claire fungiert schon bald als Gustaves Sekretärin, und Schwiegersohn Adolphe ist als Nachwuchsingenieur ins Projekt eingebunden. Es ist ein Mammutprojekt, das nicht nur Unmengen an finanziellen Ressourcen verschlingt (ein Gutteil davon stammt aus dem Eiffel’schen Privatvermögen), sondern auch Arbeit ohne Ende bedeutet. Und nicht alle Pariser sind begeistert – die Künstlerszene, allen voran Guy de Maupassant, protestiert gegen das „hässliche Ungetüm“, und versucht den Bau zu stoppen.

Der Bau des Turms ist das Lebensprojekt der Eiffels, und all die Arbeit stellt sich irgendwann auch zwischen Claire und Adi. Ihre Beziehung leidet, und so sieht man Claire immer öfter in Begleitung des amerikanischen Reporters Gordon Bennet….während Adolphe die Bekanntschaft mit der Ingenieurin Elisabeth Otis intensiviert….

Man sieht, der Roman spielt komplett vor dem Background des Baus des Eiffelturmes. Und diese Bauzeit hat die Autorin auch sehr genau historisch recherchiert, das war interessante lebendige Geschichte. Fand ich hochspannend, obwohl ich eigentlich nicht so der Architektur- oder Ingenieursfreak bin.

Auch die Hauptcharaktere sind historisch verbürgte Persönlichkeiten, und die Autorin hat sich zwar diverse künstlerische Freiheiten genommen, aber ist doch sehr nahe an den „Originalen“ dran gewesen, soweit sich deren Lebensläufe rekonstruieren ließen. Fand ich ebenfalls klasse. Irgendwie weiß zwar jeder, dass der Erbauer des Eiffelturms ein Monsieur Gustave Eiffel gewesen ist, aber von Claire habe ich vorher noch nie etwas gehört, und sie hat hier wirklich eine bedeutsame Rolle gespielt. Als Privatsekretärin ihres Vaters war sie die Orga-und-Admin-Kraft im Hintergrund, und hat sich jahrelang für die Firma eingesetzt, wie man das heute von Managern kennt. Hut ab vor der jungen Dame. Sie hatte ganz nebenbei auch ein Kleinkind zu versorgen gehabt – das klappte dank Nanny recht gut, hat sie aber wie die modernen Mütter heutzutage oft innerlich zerrissen.

Und natürlich: 2 Vollzeit berufstätige Eltern, die am selben Projekt arbeiten, das birgt Konfliktpotential. Claire und Adi haben einiges zu tun, um ihre Ehe zu retten, wenn sie das denn wollen….und das kommt einen auch 150 Jahre später irgendwie sehr bekannt vor…..

Mir hat der Roman ausnehmen gut gefallen. Ich mochte die Protagonisten, ich fand die Story insgesamt spannend. Mit Claire haben wir hier eine sehr interessante junge Dame. Ich fand es faszinierend, wie sie schon Ende des 19. Jahrhunderts als Sekretärin in einer Firma voller Männer gearbeitet hat. Sie war ja die einzige Frau, und den Job hat sie auch nur deshalb bekommen, weil ihr Vorgänger unerwartet verstorben ist, und ihr Vater jemanden in dieser Position wollte, dem er vertrauen kann und der sich mit dem Turmbauprojekt schon auskennt. Ich schätze auch mal, dass Claire keinen monatlichen Gehaltsscheck bekommen hat (dieses Thema wurde im ganzen Buch nämlich nicht angesprochen – andererseits, die Eiffels waren extrem wohlhabend, und Claires Erbe fiel laut Anmerkung im Nachwort auch recht nett aus). Wie auch immer, Claire war eine absolute Vorreiterin in ihrer beruflichen Position, und das war für eine junge Dame zu diesen Zeiten nicht nur ein Zuckerschlecken. Vom Charakter her ist die fiktive Claire keine Rebellin oder Suffragette, damit identifiziert sie sich gar nicht, sie wird einfach in diese Rolle hineingeworfen, und füllt sie bestmöglich aus. Und bleibt sich dabei selbst treu. Das hat mir sehr gut gefallen, das war für mich authentisch.

Ja, war gut geschrieben, hat sich gut weg gelesen, ich war sehr gut unterhalten – alle Daumen hoch!

Und noch was Positives: Die Taschenbuchausgabe ist optisch total schön. Die Farbgestaltung, das Covermotiv, der Innenumschlag, der Buchsatz mit der Blumenillustration, die jedes Kapitel eingeleitet hat – das war ein Hingucker. Richtig schön anzusehen 😊.

Herzlichen Dank an das Bloggerportal vom Randomhouse für das Rezensionsexemplar, ich empfehle den Roman sehr gerne weiter!

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