von Chandler Baker

Neuerscheinung 2020 im Heyneverlag

Untertitel: „Ein leidenschaftlicher und enorm geistreicher Thriller für die #MeToo -Ära“

Dallas, Frühling, vor kurzem: in den Büros und Geschäften geht eine Liste unter der Hand von Frau zu Frau herum, die BAD-Liste, die Begrapscher-Aus-Dallas -Liste. Jede Frau kann hier die Liste ergänzen, und so ihre Kolleginnen warnen, vor wem man sich in der Arbeitswelt in Acht nehmen muss.

Die Freundinnen Sloane, Ardie und Grace haben beim grossen Sportartikelhersteller Truvive in Dallas Karriere gemacht in der Rechtsabteilung und leiden schon lange unter ihrem übergriffigem Chef Ames.  Als die junge Anwältin Katherine ins Unternehmen eintritt, scheint sich das Spiel zu wiederholen: Ames geht auf Annäherungskurs, und Katherine muss sich überlegen, ob sie das Spiel mitmacht oder nicht. Und jede der drei Freundinnen hat ihre eigenen dunklen Erinnerungen und für sich entschieden, aus diesem Spielchen auszusteigen.

Sloane setzt Ames Namen auf die BAD-Liste und entschliesst sich, Klage wegen sexueller Nötigung einzureichen. Kurz darauf stürzt Ames sich aus dem oberstem Stockwerk von Truvive in den Tod. Selbstmord? Oder wurde er durch Verleumdung in den Tod getrieben? Sind Sloane und ihre Freundinnen Schuld an diesem Drama? Und welche Rolle spielt Katherine dabei?

Dieser knapp 500 Seiten starke Thriller ist rasant, packend, erschreckend realitätsnah und hat mich wirklich gepackt. Geschrieben ist er zwar aus einer übergeordneten Erzählperspektive, aber immer abwechselnd aus der Sicht der Frauen, sowie aus einer, wie soll ich sagen, ganz weit übergeordneten Perspektive. Die Autorin benutzt immer wieder ein erzählerisches „Wir“. Dieses WIR sind aber nicht nur Sloane, Grace und Ardie, sondern das sind WIR – alle Frauen in der Berufswelt, die ähnliche übergriffige Erfahrungen gesammelt haben. Und alle Frauen, die sich dem mühseligen Spagat hingeben, Mama und Geschäftsfrau gleichzeitig zu sein. Oder schlicht, Mama und berufstätig gleichzeitig zu sein – hier kommt auch Rosalita zu Wort, ihres Zeichens Putzfrau und Mutter, die sich denselben moralischen Dilemmas und Stressfaktoren aussetzt wie hochbezahlte Anwältinnen in den oberen Eckbüros. Mit diesem WIR hat die Autorin mich immer wieder gepackt, denn auch wenn ich persönlich bei #MeToo nicht mitreden kann (gottseidank), so habe ich doch immer wieder beim lesen mir sagen müssen, genau so isses!! Gleichberechtigung im Job ist auch 2020 noch nicht Realität, und Bakers haarfeinen Analysen, ironisch seziert, wortgewand verpackt, ist oftmals nicht hinzuzufügen.

Dieser Roman ist wahrscheinlich nicht jederfraus Sache (oder jedermanns!!), ein Teil des Lesevergnügens rührte bei mir tatsächlich daher, dass ich über ein Jahrzehnt meines Berufslebens selbst im Sales & Marketing eines internationalem Konzerns gearbeitet habe, und als (teilweise) Alleinerziehende diesen Nervenstress nachvollziehen kann, dem die Protagonistinnen sich ausgesetzt fühlen. Wer noch nie in einem Wirtschaftskonzern (oder auch nur in einem Büro)  gearbeitet hat, wird vielleicht einige Beschreibungen skurril empfinden, aber ich konnte mir das genauso vorstellen. Haargenau so.

Ach ja – das geht fast unter – es ist ja auch ein Todesfall zu klären, schliesslich ist das Buch auch noch ein Krimi, und auch das ist spannend, und wird erst auf den allerletzten Seiten geklärt. Mit einer Lösung, mit der ich nicht gerechnet hatte, es bleibt also auf allen Ebenen spannend!

Mein Fazit: Unbedingt lesenswert. Für Männer und Frauen. Für gegenseitiges Verständnis. Für Krimifans, für Feministinnen, für ALLE!

Vielen Dank an das Bloggerportal vom Randomhouse für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

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